Künstler sind in letzter Zeit ein beliebtes Sujet von Schweizer Dokumentarfilmen, sei es der Fotograf Heini Stucki (Die Kunst der exakten Phantasie, 2006), die Pianistin Irène Schweizer (Irène Schweizer, 2005) oder das Jazztrio Koch-Schütz-Studer (Hardcore Chambermusic, 2006). Die Filmemacher gehen jeweils äusserst zurückhaltend an ihre Objekte heran, so auch Laurin Merz und Matthias Kälin, die den Bildhauer Hans Josephsohn bei seiner Arbeit begleitet und ein intimes Porträt gestaltet haben, das an den Solothurner Filmtagen 2007 uraufgeführt worden ist.
Seit über 60 Jahren arbeitet Josephsohn mit äusserster Konsequenz an seiner eigenen plastischen Sprache. 1920 wurde er im ostpreussischen Königsberg geboren. Wegen seiner jüdischen Herkunft flüchtete er 1938 in die Schweiz; seitdem arbeitet und lebt er in Zürich. Im Dokumentarfilm Josephsohn Bildhauer versuchen die beiden Regisseure die Bildsprache und Arbeitsweise des Künstlers zu entschlüsseln. Durch Gespräche sollen die Person und ihre Werke fassbar werden.
Josephsohn war lange Zeit vor allem bei Kunstkennern und Kunststudenten hochgeschätzt. 2001 nahm dann der Galerist Bob van Orsouw, der sich international mit zeitgenössischer Kunst einen Namen gemacht hat, den damals 80-Jährigen in sein Programm und zeigte seine Skulpturen an der Art Basel. Heute ist Josephsons Werk unter anderem als Dauerausstellung in zwei Museen zu sehen, die auch im Film besucht werden: La Congiunta in Giornico und das Kesselhaus Josephsohn in St. Gallen.
Merz und Kälin zeigen den Bildhauer intensiv an seinen Plastiken arbeitend, konzentriert keuchend, immer mit einer Zigarre im Mund. Rastlos kämpft er mit seinen Gipsplastiken, addiert, reduziert, begleitet sie in die Giesserei und beobachtet argwöhnisch die fertige Arbeit. Dazwischen stellt er Gedanken über seine Vergangenheit an, mehrheitlich aber über seine Arbeit – Reflexionen zwischen Nah- und Fernsicht.
Durch die Fragmentierungen, die während der verschiedenen Arbeitsprozesse entstehen, wenn im Atelier oder in der Giesserei der Blick auf die einzelnen Arbeitsschritte gerichtet wird, lässt sich im Laufe des Films die Entstehung einer Skulptur miterleben. Die Filmemacher verfolgen dabei durchaus didaktische Ziele: «Wir wollen den Prozess zeigen, den wir in all den Jahren mit der Rezeption der Arbeiten von Josephsohn gemacht haben. Der Film erzählt unsere Sehschule und soll somit dem Betrachter den Zugang zum Werk erleichtern. Wir versuchen, mit filmischen Mitteln eine Antwort auf die Fragen, die Josephsohns Werk stellt, zu geben.»
Bei der Strukturierung ihres Films hätten Merz und Kälin noch ein wenig durchdachter vorgehen können. Erst gegen Ende wird gezeigt, wie sich Josephsohn auf eine Italienreise begibt, die viele seiner Einflüsse deutlich vor Augen führt. Auch die biografischen Rückblicke sind fast ein wenig willkürlich dazwischen gestreut. Ansonsten überzeugt Josephsohn Bildhauer aber durch die Reduktion auf das Wesentliche und die zurückhaltende Beobachtung. Dadurch gelingt es den Regisseuren, dem Publikum das Wesen des Künstlers näher zu bringen.