LAURA DANIEL

RASENDE LIEBE (JONAS MEIER)

SELECTION CINEMA

Zärtlich streicht Sepp Schönbächler über den Schaltknüppel seines Opel Kadett und flüstert: «Gell, du chasch es au chuum erwarte, bis er nicht etwa an seine Freundin, sondern an sein Auto. Weiter erklärt er, dass er ab und zu das Garagentor für seinen Opel öffne, damit dieser auch mal ein wenig Abwechslung habe. Er behauptet, dass sein Auto beim Flicken durchaus Schmerz empfinde und dann verständlicherweise ein wenig bocke. Schönbächler ist einer von vier Autoliebhabern, die Jonas Meier in seinem Diplomfilm Rasende Liebe porträtiert und in geradezu seidlscher Manier inszeniert. Nebst Schönbächler kommen zwei Ferrari-Besitzer und eine Manta-Fahrerin zu Wort und werden entsprechend ins Bild gerückt.

Meier scheint so gar nicht am politischen Diskurs über die Raserthematik interessiert zu sein: Im Vordergrund stehen die Autoliebhaber, die in Interviews ihre Beziehung zu ihrem Wagen erläutern. Dass es sich hier tatsächlich um eine Beziehung handelt, wird in den Interviews mehr als deutlich und gibt Anlass zu einigen Lachern – auch wenn, ähnlich wie bei den Filmen von Ulrich Seidl, das Lachen des Öfteren im Halse stecken bleibt. Die hier porträtierte Objektliebe ist bei aller Skurrilität erstaunlich sensibel inszeniert. Auf Hochglanz getrimmte Bilder rücken die Autos in das Licht, in dem die Autoliebhaber sie wohl auch gerne sehen, und lassen den Zuschauer ein wenig am Glanz teilhaben, den die Autos für Ihre Besitzer ausstrahlen. Dies seien denn auch die Bilder gewesen, für die Meier von seinen Protagonisten viel Lob und Dank geerntet habe, meint Meier auf die Frage, wie die Porträtierten denn auf seinen Film reagiert hätten. Mit einem sicheren Gespür für Situationskomik und der pointierten Inszenierung seiner Protagonisten schafft es Meier, ein Stück einer «Wahrheit» über diese Art von Autoliebe offenzulegen.

Nachdem Meier bereits mit seinem Musikvideo Cevapcici/Down (CH 2005) für Ellen Alien an Festivals aufgefallen war, erhielt er nun für Rasende Liebe verdientermassen den Luzerner Filmpreis sowie den goldenen Panther der Schweizer Jugendfilmtage.

Laura Daniel
geb. 1978, studiert an der Universität Zürich Germanistik, Film­wissenschaft und Philosophie sowie klassischen Gesang, zeitgenössische Musik und Jazz. Mitglied der CINEM A-Redaktion seit 2002. Lebt in Zürich. Daniel Däuber, geb. 1966, hat in Zürich Filmwissenschaft studiert, u.a. für die Schweizer Filmzeitschriften Zoom und Film geschrieben, arbeitet zurzeit als Filmredaktor beim Schweizer Fernsehen.
(Stand: 2018)
[© cinemabuch – seit über 60 Jahren mit Beiträgen zum Schweizer Film  ]