René sehnt sich nach dem weissen Land, um seiner Einsamkeit zu entfliehen. Der Weg dorthin führe durch den Wald oder durch das Schneckenloch – seine Gedanken spricht René auf Tonbänder, die er dann in Briefkästen und an anderen Orten verteilt. Ständig trägt er eine gelbe Regenjacke, kickt weisse Fussbälle durch die Gegend und philosophiert sich durch die Einsamkeit: «Wenn ich einen Balkon hätte, würde ich einen Kaktus anpflanzen oder mir einen Fallschirm kaufen.»
René zahlt Miete, atmet, isst, schläft – wie die anderen Menschen auch. Was unterscheidet ihn von den anderen Menschen? «Ein Kaktus wäre praktisch, der könnte mich nämlich manchmal stechen.» Auf der Suche nach menschlichen Begegnungen unternimmt René immer verzweifeltere Kontaktversuche spricht sogar mit dem Publikum, doch die Erlösung findet er weder durch den Wald noch durch das Schneckenloch, sondern in der Erkenntnis, dass die eigene Existenz durchaus nicht ohne Humor ist.
Regisseur Tobias Nölle hat schon in anderen Filmen schräge Figuren ins Zentrum gerückt, etwa den Eulensammler in Bernd (CH 2005) oder den schwarzen Touristen in Mes vacances (CH 2007). In René wagt er sich nun an die wesentliche Frage, wodurch sich die menschliche Existenz bestimmt. Für René ist die Antwort ziemlich schnell gefunden: Der Kontakt zu anderen Personen ist das fundamentale menschliche Bedürfnis. Oder wie René selbst bemerkt, wird die positive oder negative Wirkung der eigenen Person erst durch die Beziehung zu einer anderen Person realisiert. Wegen dem Mangel an Kontaktpersonen gerät daher sein unsicheres Selbstverständnis immer wieder ins Wanken.
Das Porträt des einsamen Menschen ist gleichsam verstörend und berührend, zärtlich und brutal, dann wieder auch leicht schelmisch, mit einem Humor der Verunsicherung. Die delikate Gratwanderung gelingt Nölle durch die zugleich konkrete und doch unbestimmte Inszenierung, welche die Hauptfigur manchmal auf sicherem Boden gehen lässt, um sie in der nächsten Szene wieder aus dem Gleichgewicht zu kippen.
Nölle treibt die mühsame Suche des Mannes nach Erlösung nicht nur inhaltlich zielstrebig voran, sondern hat sie auch formal konsequent umgesetzt. Sein Werk überzeugt durch die stilsichere Kombination von sorgfältig kadrierten Einstellungen, wohl abgestimmtem Schnitt und unheimlichem Ton. Zuletzt muss noch die bestechende Präsenz der Schauspieler erwähnt werden, allen voran jene von Urs Jucker als René. Für sein reifes Werk hat Nölle in Locarno verdientermassen den Pardino d’oro für den besten Schweizer Kurzfilm erhalten.