Nach Skin or Die (1998) und Skinhead Attitude (2003) zeichnet Daniel Schweizer mit seinem jüngsten Film, White Terror, den letzten Teil seiner Trilogie über rechtsextremistische Bewegungen. War Skin or Die auf die Schweiz und Skinhead Attitude auf die historische Entwicklung der Skin-Bewegung fokussiert, verfolgt Schweizer in White Terror die Kerngruppen des Neofaschismus in Skandinavien und den USA.
Ausgehend von einem Fait divers im Berner Oberland, stiess Daniel Schweizer auf die rassistische Vereinigung Blood and Honour. In Dindo’scher Schauplatzbegehung lässt der Filmemacher seine Recherche im Herzen der Schweiz – am Thunersee – beginnen, wo vor wenigen Jahren Marcel von Allmen, ein Anhänger einer neonazistischen Gruppe, von seinen «Kameraden» zu Tode geprügelt wurde, weil er die Schweigepflicht verletzt hatte. Das fatale Grüppchen bezieht sich mit ihrer Tat auf die obige, in Schweden beheimatete rechtsextreme Vereinigung. Schweizer besuchte sie in Skandinavien und erfuhr von ihrem florierenden Internethandel mit Nazi-Gadgets sowie ihrer wachsenden Vernetzung. Er verfolgte ihre Kontakte zu der gleichnamigen Gruppierung in den USA, wo sich die Neonazis zur Gruppe White Power formierten und mit dem Ku-Klux-Klan zusammenspannten, und wieder zurück in den Osten Europas, wo rechtsextreme Ideologien zurzeit auf einen erschreckend fruchtbaren Boden fallen.
White Terror gibt einen Augen öffnenden Einblick in ein Universum des Hasses – ist aber gleichzeitig auch eine Gratwanderung zwischen Enthüllung und Plattform, was hie und da ein mulmiges Gefühl aufkommen lässt: Erstaunlich ist immer wieder, wie offen sich die Anführer vor der Kamera präsentieren und ihr perverses Gedankengut preisgeben. Dies wirft nicht zuletzt auch die Frage auf, was sich die Neonazis, die sich sonst im illegalen Untergrund bewegen, von einem solchen Auftritt versprechen und – auf der andern Seite – wie der Regisseur es schaffte, ihr Vertrauen zu erlangen. Obwohl es Schweizers unbestrittenes Verdienst ist, die Protagonisten und damit die Innensicht dieser Gruppen authentisch vor die Kamera zu holen und obwohl der Filmemacher – im Gegensatz zu seinen vorangehenden Trilogieteilen – sich nun selbst als Rechercheur ins Bild setzt, bleibt diese Frage letztlich unbeantwortet.
Schliesst man – zu Recht – eine Propagandawirkung in diesem Kontext aus, kann auf extremistischer Seite der Drang zur Legitimierung vermutet werden. Der Filmemacher andererseits möchte natürlich genau die Dinge hervorholen, die allzu gern unter den Teppich gekehrt werden. White Terror spiegelt damit nicht zuletzt das Dilemma vieler Regierungen – deren Vertreter Schweizer auch zu Wort kommen lässt: Zwischen Offenlegen und Totschweigen, zwischen Dulden und Verbieten wählt jede Nation ihren eigenen (schwankenden) Weg. Entsprechend fällt im einen Land unter die Rassismusklausel, was im anderen toleriert wird – und was in Deutschland gesetzlich geahndet wird, spielt sich in den USA unter den Augen der Gesetzeshüter ab (Hitlergruss und Nazi-Embleme, die Schändung der israelischen Fahne oder die Forderung nach weisser Vorherrschaft). White Terror legt damit den Finger gleich auf zwei wunde Stellen in der Thematisierung dieses Phänomens: das Umsichgreifen neonazistischen Gedankenguts und die zögerliche Unsicherheit der Gesellschaft im Umgang damit.