Mit Campo Europa (1984), Poisons (1984) und 7 fugitivs (1993) hat der Genfer Filmemacher ohne Hast und parallel zu anderen Filmarbeiten ein kleines Spielfilmuniversum geschaffen, das sich durch Sensibilität und Klugheit auszeichnet. 7 fugitivs, der mit geradezu lächerlich geringen Mitteln realisiert wurde, erzählt von einer schicksalshaften Nacht im Leben von sechs alten Freunden. Chronique führt diese psychologische und soziale Analyse von Vierzigjährigen in der Schweiz, die Mühe haben, ihren Jugendträumen abzuschwören, in der Form einer Erzählung fort. Unglücklicherweise erweist sich dieses ehrgeizige Projekt als weniger packend als das vorangehende. Die Glaubwürdigkeit leidet darunter, daß der Regisseur seine Ideen zu sehr verwässert und ein paar zu archetypische Figuren in Szene setzt.
Peter (Jean-Quentin Châtelain) verläßt Lola (Patricia Bopp) nach einem Streit. Ein Opfer des Peter-Pan-Syndroms, will der vierzigjährige Egoist sein Lehen leben, ohne Rechenschaft abzulegen. Unverständlich ist ihm, daß »die wahren Helden diejenigen sind, die eine Frau haben und Kinder und abends fernsehen«. Er irrt durch die Städte, begegnet tragischen, bisweilen surrealen Figuren, wird zum Clochard und endet in der Gosse. Zur gleichen Zeit beginnt Lola ihr Leben neu zu organisieren. Sie bietet eine Dienstleistung an, der sich die Prostituierten verweigern: Sie verkauft Zärtlichkeit in Form von Küssen – im Park und auf offener Straße. Dies ist die hübscheste Idee im Film, und zweifellos ließe sich daraus ein Kurzfilm machen. Aber der Filmemacher zieht es allzusehr in die Länge. Peters Scheitern dauert an, ist voraussehbar und wenig plausibel (der Mord an der Prostituierten, dem Repertoire des Film noir entnommen, paßt nicht in den Kontext). Lolas Mut, für ihre Unabhängigkeit auch schlechtbezahlte Arbeit anzunehmen, wirkt auf Dauer auch nicht anregender, so beispielsweise wenn man fast in Echtzeit die Reinigung einer Cafeteria verfolgen muß.
Das Scheitern des Filmprojekts ist um so bedauerlicher, als der traumhafte Touch Maillards immerhin in Details aufscheint: in gewissen Elementen der Ausstattung oder des Dialogs, in der verführerischen Idee, den Regen nur auf eine Person niederprasseln zu lassen oder in der Person des Clochards und Sehers – einer sehr gelungenen Figur – oder der Barmaid mit dem großen Herzen, verkörpert durch die Sängerin Yvette Théraulaz. Nicht zu vergessen der bezaubernde Auftritt von Hanna Schygulla, die in Begleitung des Akkordeons den Film eröffnet und beschließt.