Sechs junge Frauen und Männer stürmen keuchend den steilen Berghang hinauf, lassen sich fallen und hinunterrollen, die andern springen über sie hinweg. Sie wälzen und liebkosen sich, kämpfen gegeneinander – Frau mit Mann, Frau mit Frau, Mann mit Mann. Dumpf schlagen die durch die Luft fliegenden, purzelnden, balgenden Körper immer wieder auf der Erde auf, unverwüstlich. Kraftvoll und leicht wirken ihre Bewegungen – trotz der Bergschuhe. Zwischen die choreographierten Tanzelemente am abschüssigen Hang fügt der Schnitt Bergpanoramen, Kühe auf der Alpweide sowie deren Hüter und Bewacherinnen. Die Performance mündet schließlich in eine Art Crossover zwischen Tradition und Innovation beim kleinen Alpfest im Walliser Val d'Hérens – Schauplatz des Films –, wo die folkloristische Welt mit Trachten und rotbackigen Einheimischen auf die herumwirbelnden Tänzer und Tänzerinnen trifft..
Ein Tanzfilm in den Alpen? Möglich, und wie! Pascal Magnin fügt die disparaten Kulturelemente – Urchiges und Kunstvolles – zusammen, läßt die Gegensätze ineinander übergehen, als hätten sie schon immer zu ein und demselben Universum gehört. Als Beispiel mag das Spitzenballett durch die aufgereihten Wanderschuhe entlang der Holzwand einer Hütte dienen. Aber auch die Musik: Ukrainische Chorlieder fangen die Bergstimmung ebenso auf wie traditionelle Walliser Weisen oder die lüpfigen Eigenkompositionen von Jean-Philippe Héritier. Dazwischen immer wieder lautstark der Atem, das Blasen und Keuchen der TänzerInnen. Oft fragmentiert die Kamera die Bewegungen und Körper, gibt dadurch und mit schnellen Schnitten deren Dynamik und Schwung wieder.
Viel Witz zeichnet die hervorragende Choreographie und die filmische Inszenierung aus. Ohne Dialog wird ein feines Beziehungsnetz unter den Figuren gewoben, Anziehung und Rückweisung, Liebe und Eifersucht thematisiert und ins Bild gesetzt. Im (erzählten und geschriebenen) Epilog wird die zugrundeliegende Geschichte nachgeliefert: eine (moralisierende) Legende, wie sie in vielen Berggegenden herumgeboten wird. Drei Mädchen aus der Gegend von Saint-Luc waren so tanzverrückt, daß sie sich trotz Ermahnungen – nicht zuletzt des Pfarrers – an jeden Anlaß im Tal begaben und schließlich eines Morgens tot vor der Dorfkapelle aufgefunden wurden. Ihr Geist ging wohl über in die herbe Alpenwelt und kann – so scheint es – in Form heutiger, filmisch umgesetzter Tanzperformances mit unverbrauchtem Elan wiederauferstehen.