Der dritte Spielfilm von Peter Luisi erzählt die ungewöhnliche Geschichte des Briefmarken-Antiquars Benno. Dieser ist ein frustrierter, notorischer Lügner, beruflich wie privat. Einzig zu seiner Nachbarin Sandra, die unter seiner Wohnung ein Café betreibt, ist er unmaskiert fies und zieht boshaft über ihre abendlichen, ruhestörenden Gesangsversuche her. Als Benno einen seltsamen, idyllischen Traum von sich und seiner verhassten Nachbarin am Meer hat, beginnt er Sand zu verlieren. Sand, der ihm buchstäblich vom Körper rieselt. Anfänglich versucht er diesen noch zu verstecken, doch nimmt die Menge des Sandes im weiteren Verlauf beängstigende Ausmasse an. Je mehr Sand Benno verliert, desto mehr löst er sich selber auf. Bald wird klar, dass das immer dann passiert, wenn er lügt.
Der Film besticht formal durch die ungewöhnliche Zusammenführung von Komödie und metaphorischem Drama. Zu Beginn wird der Fokus mehr auf die ironischen Aspekte des Themas gelegt – wie Benno etwa dauernd versucht, den Sand vor seinem Umfeld zu verstecken – und auf die überzeichneten Figuren, gegen Ende wird Der Sandmann zu einem Drama. Denn als Benno merkt, dass er nur noch die Wahrheit sagen darf, um sich vor dem totalen Auflösen in formlosen Sand zu bewahren, verliert er die Lust daran, fiese Sprüche zu klopfen und seinen Makel vor seinem Umfeld zu verstecken. Waren Benno und Sandra zu Beginn passive Zuschauer in ihren Träumen – die eine Art Gegenwelt heraufbeschwören, in denen die beiden ein verliebtes Liebespaar sind –, können sie diese nun aktiv steuern. In diesen diffusen Traum-Realitäten treffen sie auf alternative Persönlichkeiten ihrer selbst und hinterfragen dadurch ihre eigenen Identitäten.
Mit Der Sandmann ist Peter Luisi ein bestechend ungewöhnlicher Film gelungen. Der Filmemacher reizt das Sandmotiv dramaturgisch sowie gestalterisch voll aus. Heraus ragt die schauspielerische Leistung von Fabian Krüger, der einnehmend den verbitterten Fiesling mit weichem Kern spielt.