Nana ist sechzehn, hat zwei jüngere Geschwister, einen Job bei einem Rhein-Wehr und die «Arschkarte unter den Müttern» gezogen, wie sie sich selber ausdrückt. Besagte Mutter, Roberta, ist in der Tat weniger mit ihren Kindern beschäftigt, als damit, sich endlich ei- nen – reichen – Mann zu angeln, der an mehr als nur einer Nacht mit ihr interessiert ist. Die Hoffnung darauf und die Enttäuschung, wenn es nicht klappt, sind gleichermassen Anlass zu extensivem Alkoholkonsum. In der Zwischenzeit erledigt Nana die Erziehung der beiden jüngeren (Halb-)Geschwister. Das ist auch dem Jugendamt aufgefallen, das sich nach einer Panne in Robertas Liebesleben, in deren Folge sie nur mit Unterhosen bekleidet nachts durch die Strassen läuft, energisch einschaltet. Drei Monate gibt die Sozialarbeiterin der Mutter, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen. In der Folge versucht Roberta, kräftig unterstützt von ihren Kindern, sich in das Sozialleben des Kaffs einzugliedern. Nana erlebt parallel dazu alle Höhen und Tiefen einer ersten Liebe.
In dem – nicht benannten – Schweizer Örtchen an der Grenze zu Deutschland, also am Rhein, sind die Menschen grundsätzlich gutartig. Zwar wird im Dorfladen getratscht, aber nie bösartig. Der Frauenchor, der zu Beginn einheitlich braves Gelb trägt, schliesst Roberta nicht aus, als sie in leuchtendem Rot zur Probe erscheint. Im Gegenteil, die gutbürgerlichen Frauen passen sich eine nach der anderen dem bunten Vogel an – bis alle einheitliches Rot tragen.
Güzin Kar erzählt die Geschichte des pubertierenden Mutter-Tochter-Gespanns in Fliegende Fische konsequent mit viel Liebe zum bisweilen fast schon surrealistischen Spiel mit formalen Elementen. Inmitten dieser grundsätzlichen Harmlosigkeit und Verspieltheit bleibt jedoch immer wieder Raum für Tiefe, wenn zum Beispiel Nanas Sehnsüchte nach dem offenen Meer schon im Keim von ihrem Pflichtbewusstsein erstickt werden oder der erste Liebeskummer voll zuschlägt. Gestört wird dies zum Teil durch irritierende und nicht überzeugend ausgestaltete Nebenfiguren wie die der überkarikierten Sozialarbeiterin. Befremdend ist auch, dass Nana mit der deutschen Schauspielerin Elisa Schlott besetzt ist, die sich zwar hervorragend durch die Höhen und Tiefen dieser nicht ganz einfachen Teenager-Existenz schlägt, die dann aber synchronisiert werden musste, was zu oft sichtbar wird. Dafür stapft Meret Becker als Roberta im sexy Kleidchen herrlich breitbeinig durch die Kleinstadt. Dass sie Deutsch spricht, ist überzeugend und witzig erklärt und somit ein Gewinn für diesen Film, der mit kleinen Abstrichen auf sehr vergnügliche Weise davon erzählt, dass man alle um sich herum verändert, wenn man zu sich selber findet.