NATALIE BÖHLER

HOW ABOUT LOVE (STEFAN HAUPT)

SELECTION CINEMA

Fritz Reinhart ist ein erfolgreicher Herzchirurg, der seinen Beruf liebt, und ausserdem Ehemann und Vater zweier Kinder. Diese Vorzeigebiografie verbirgt, wie viel Stress Fritz’ Beruf mit sich bringt: Als seine Mutter stirbt, hält ihn sein Pager davon ab, sich von ihr zu verabschieden und ihren Tod zu betrauern. Lena, seine Frau, schlägt zur Erholung gemeinsame Ferien vor. Auf einer Reise nach Nordthailand besucht das Paar einen ehemaligen Arztkollegen, der in einem Flüchtlingslager an der burmesischen Grenze ärztliche Versorgung leistet. Von der Not betroffen, entschliesst sich Fritz, etwas länger zu bleiben und mitzuhelfen, während Lena zu den Kindern in die Schweiz zurückkehrt. Während seines Aufenthalts verliebt er sich in Say Paw, eine burmesische Flüchtlingsfrau, und fühlt sich zwischen dem Leben in der Schweiz und der Welt des Lagers hin- und hergerissen. Gleichzeitig wird er mit den Grenzen seines Handlungsspielraums konfrontiert.

Stefan Haupts Spielfilm How About Love rührt an ein wichtiges und komplexes Thema: das humanitäre Engagement, seine Ambivalenzen und Grenzen. Die Problematik der Entwicklungszusammenarbeit wird angetönt: Bei allem guten Willen der westlichen Hilfe bleibt sie immer auch ein Einmischen in eine andere Kultur, die nur bis zu einem gewissen Grad zugänglich ist; ausserdem schafft die finanzielle und technologische Überlegenheit des Westens leicht ein Machtgefälle gegenüber ärmeren, bedürftigen Gegenden. Dass man im Film kaum etwas über die Politik und die komplexe Situation der Flüchtlingsströme in Burma erfährt, ist weniger das Problem. Doch dass das Elend der sogenannten dritten Welt vor allem zur Einbettung des Plots dient und als Gegenpol zum wohlstandsverwöhnten Leben in der Schweiz, reduziert die Dringlichkeit der Not und ihre emotionale Tragweite wird abgewertet. Auch die kulturellen Unterschiede erscheinen etwas schablonenhaft. «This is our story, not yours. Leave it to us», ermahnt der Campleiter Fritz, als er sich stärker involvieren will. Der Film verhält sich dementsprechend und geht auf die Einheimischen nicht näher ein.

Dank dem zurückhaltenden Spiel von Adrian Furrer wird Fritz’ Besorgnis angesichts des Elends greifbar. Ansonsten aber bleibt eine emotionale Distanz zwischen dem Geschehen und dem Zuschauer bestehen. Wieso verlieben sich Fritz und Say Paw? Wie kommt die Entscheidung zustande, zu Lena zurückzukehren? Wieso ist sie einverstanden? Zuweilen springt der Funke nicht ganz über, die Gefühle und Beweggründe der Figuren sind schwer nachzuempfinden, was dem Film eine leichte Unterkühltheit verleiht.

Natalie Böhler
Filmwissenschaftlerin, lebt in Zürich. Mitglied der CINEMA- Redaktion 2002–2007. Promotion zu Nationalismus im zeit- genössischen thailändischen Film. Interessenschwerpunkte: World Cinema, Südostasiatischer Film, Geister im Film.
(Stand: 2021)
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