Hier zu Lande hat der Animationsfilm - noch mehr als das übrige Filmschaffen - um sein Ansehen zu kämpfen. Der immer noch recht stiefmütterlichen Behandlung zum Trotz scheint sich aber langsam eine Wende abzuzeichnen, dabei wird deutlich, dass der Computer auch hier kontinuierlich Einzug hält.
Einer der eigensinnigsten und stimmigsten unter diesen computeranimierten Filmen ist Zuppa Tartaruga von Karin Gern perle. «Frei nach Agatha Christie und den Toten Hosen», wie die Filmemacherin im Auftakt zu ihrer bitterbösen Satire auf die menschlichen Genüsse vernehmen lässt, erzählt der Film pointiert von zehn kleinen Landschildkröten und den Launen der Natur. Ein Tier nach dem anderen wird vom Menschen oder aber durch seine eigene Waghalsigkeit dahingerafft. Die Herkunft der Aufnahmen bleibt dabei oft ungewiss, denn Real- und Animationsfilm gehen jene seltene Symbiose ein, die das einzelne Filmbild nicht mehr verortbar macht. Fast unmerklich werden wir gelenkt, verzaubert, schliesslich aber auch bewusst desorientiert.
Zuppa Tartaruga ist ein beispielhaftes Stück innovativer Schweizer Computeranimation. Wird die gewählte Technik sonst dazu benutzt, um toten Gegenständen Leben - jedoch ohne eine wahrhaftige Seele - einzuhauchen, beschreitet Gemperle den umgekehrten Weg: Mittels Computer visualisiert sie vexierbildhaft das Auferstehen der Tierseelen und setzt sich gleichermassen auch mit ihrer eigenen Arbeit auseinander. So fragt der Film unmissverständlich nach dem Stellenwert des Computers in der Animation, ja in den visuellen Medien überhaupt. Er ist Sinnsuche in einer Welt von konstruierten Bildern, Märchen im realen Alltag.