Die Leventina, das verkehrsüberflutete Schlupfloch zwischen Nord und Süd, ist ein klassischer Nichtort geworden. Unter den Autobahnviadukten finden sich Strukturen, die ihre Daseinsberechtigung in den letzten Jahrzehnten eingebüsst haben: das Stahlwerk Monteforno und die Festungsbauten der Schweizer Armee. Der Film setzt bei diesem Auflösungsprozess an. Der junge Festungswächter Roberto (Giorgio Ginex) und ein Kollege werden entlassen. Die Kamera tritt mit ihnen aus den Stollen ans Tageslicht, wo ihnen ein spröder offizieller Dank in eine unsichere Zukunft mitgegeben wird. In der Dorfbeiz, treffen sie Männer, die Monteforno nicht mehr braucht, nachdem die Industrieanlage für die Verpflanzung in Billigregionen freigegeben wurde.
Roberto bleibt da. Er teilt die Wohnung mit dem Vater (Hannes Schmidhauser), der sich nach Wanderjahren als Patissier in Paris fest vor dem Fernseher auf dem Balkon eingerichtet hat. Schliesslich findet der Arbeitslose einen neuen Job: Chauffeur im Postauto, das die wenigen Leute bedient, die hier nicht bloss auf Durchfahrt sind. Das Vehikel reicht aus, um minimale Zusammenhänge und Begegnungen herzustellen. Roberto lernt Marina (Marina Jelmini-Gabrilov) näher kennen, die Russin, die in der Dorfbeiz Bier ausschenkt. Auch mit Marinas Sohn Kiro schliesst er Freundschaft. Während Roberto und Marina langsam zu einem Paar werden, ergeben sich neue Begegnungen zwischen Robertos Vater und einer gleichaltrigen Frau, die wie er nach Jahrzehnten ins Dorf zurückkommt (verbunden damit sind zwei augenzwinkernde Auftritte des Kino-Altstars als Schwarzwäldertorten-Bäcker und als Tänzer in einem Nachtclub).
Zwei Monteforno-Entlassene planen einen Anschlag auf das Werk. Schliesslich nimmt sich einer von ihnen am alten Arbeitsort in stummem Pathos das Leben. Dazwischen, immer wieder: musikalisch untermalte Sichten auf die gewundene Autobahn im Bergtal. Ein nachdenkliches Zurückwenden des Blicks auf das permanent im Entschwinden begriffene Tal.
Die beiden Ebenen des Dramas – der «grosse» Verlust gewachsener Strukturen und die sich daraus ergebende «kleine» Geschichte um Roberto und Marina - werden nicht vollständig ineinanderverzahnt. Von Anfang an ist das Geschehen so strukturiert, dass das eine nicht den Blick auf das andere verstellt. Die Off-Stimme Robertos ist verbindendes Element, das dort an Wirkung verliert, wo sich die Kamera von Roberto unvermutet löst. Nach harzigen ersten Sequenzen der Exposition mit allzu eindringlichen Hinweisen auf die ökonomische Situation der Leventina gewinnt der Film seine emotionale und dramatische Kraft erst da, wo die Eiebe zwischen Marina und Roberto die Entwicklungen perspektivieren kann. Es bleibt schliesslich der Eindruck eines dramatischen Stoffes, dem die Mittel und Räume der Inszenierung zu eng auf dem Leibe sitzen. Trotz ansprechenden Leistungen der beiden Hauptdarsteller und trotz einer phasenweise bemerkenswerten Musikalität und Schwerkraft des Erzählens.