ULRICH WENDT

DIE GEMMI - EIN ÜBERGANG (CLEMENS KLOPFENSTEIN)

SELECTION CINEMA

Die Gemmi ist der Film dreier Freunde. Zwei von ihnen stapfen durchs Gebirg’, zum Gemmi-Paß. Der Dritte schnauft mit der Kamera hinter und vor ihnen her, umkreist sie beim Wandern. Die beiden offenkundigen buddies sind der Altstar der Berner Rockmusik, Polo Hofer, und Max Rüdlinger, der miesepetrige Held aus E Nachthing Füürland und Macao. Der unsichtbare Dritte ist Clemens Klopfenstein, der die beiden schon in Füürland 2 zusammengebracht hat. Die Gemmi erscheint wie eine Fortsetzung - beide Filme reagieren mit wenig Geld und viel Humor auf die fortwährende Krise des Schweizer Films. Sie sind mit leichter Hand gedreht worden, und das im wahrsten Sinn des Wortes. Seit Füürland 2 arbeitet Klopfenstein mit einer kleinen 111-8- Videokamera mit Steadycam, die seinem Sinn dafür entgegenkommt, schnell und direkt auf das zu reagieren, was ihm begegnet. Das ist in Die Gemmi für die Situationskomik seiner Hauptpersonen von Vorteil, die Landschaften jedoch erscheinen - auf 16-mm-Film gefazt - nur mehr impressionistisch verwaschen.

Mit liebevoll ironischem Blick zeigt Klopfenstein, wie die Freunde sich streiten und sich wieder vertragen, von Schwedinnen und von den sechs buddhistischen Stufen des Lächelns tagträumen. Die Musik von Ben Jeger kommentiert mit Maultrommel, Mundharmonika und Gitarre Polos Hut und die Romantik des Würstchengrillens. Max lamentiert über das „Wurstland“ Schweiz, und Polo wirft ihm vor, er sei doch selbst der Oberschweizer. „Ich spiegle das Land“, entgegnet Max lakonisch. Und tatsächlich sind manche ihrer Kabbeleien Kabarettstückchen über den Zustand der Schweiz. Am Ende geht es um das alte schweizerische (Kino-)Thema „Fahren und Bleiben“: Max wandert weiter in Richtung Italien, Polo kehrt in die heimische Kneipe nach Bern zurück. Klopfenstein hat zwei Fortsetzungen versprochen: Im nächsten Teil gehen die beiden getrennte Wege. Im dritten Teil dann gibt Polo unter den Pyramiden in Ägypten ein Konzert, und es kommt zu einer Begegnung mit Max und einigen Schwedinnen. Womit der Film endgültig eurotauglich wäre.

Ulrich Wendt
geb. 1962, lebt in Hamburg als freier Schriftsteller, Musiker und Filmemacher.
(Stand: 2019)
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