NIKLAUS OBERHOLZER

DER OHRWURM (HERBERT FRITSCH)

SELECTION CINEMA

Sechs schmuddelig gekleidete, schmierig wirkende Männer mittleren Alters bohren sich reihum in den Ohren und begleiten ihre sich während der zwölf Minuten des Films ständig steigernde widerliche Tätigkeit mit orgiastischem Röhren und Stöhnen. Schon in Die Suppe (1984), einem mehrteiligen Episodenfilm in der Art eines schwarzen und absurden Kabaretts hat sich Fritsch vornehmlich widerlichem Tun gewidmet. Der Ohrwurm ist noch knapper, noch eingeengter. Hartnäckigkeit und Konsequenz, auch Wille und Absicht, zu schockieren, sind diesem Unterfangen nicht abzusprechen, das aber — da Widerlichkeit und Ekel Selbstzweck werden — un-sinnig wird.

Niklaus Oberholzer
*1940, studierte Kunst- und deutsche Literaturgeschichte. 1974 wurde er Leiter des Kulturressorts des Vaterland, der Luzerner Zeitung und der Neuen Luzerner Zeitung. Er war Mitglied des Stiftungsrates von Pro Helvetia. Für seine Arbeit als Kunstvermittler wurde Oberholzer 1996 mit dem Anerkennungspreis des Eidgenössischen Departements des Inneren ausgezeichnet. Als freier Publizist schreibt er für Medien und Verlage.
(Stand: 2019)
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