SENTA VAN DE WEETERING

DANIOTH – DER TEUFELSMALER (FELICE ZENONI)

SELECTION CINEMA

«Schau, der Teufel», so kann man allenthalben Eltern auf der Fahrt über den Gotthard vernehmen. Sie meinen den roten Teufel über dem Tunnel in der Schöllenenschlucht. Was man seltener hört, ist der Name des Malers: Heinrich Danioth. Wer aber, wie Regisseur Felice Zanoni, aus dem Kanton Uri stammt, der weiss, wer den Teufel an die Wand gemalt hat.

Der Urner, der den Expressionismus in die Innerschweiz brachte, war ein Multitalent: Er malte, musizierte, zeichnete politische Karikaturen für den Nebelspalter und schrieb vor allem in der zweiten Lebenshälfte Prosatexte, Satiren, Theaterstücke. Seine Fresken sind im Bundesbrief-Museum, im Tellspielhaus, im Wartesaal des Bahnhofs Flüelen oder – eben – bei der Teufelsbrücke zu sehen, in Altdorf hat er ein eigenes Museum, in zahlreichen Schweizer Museen finden sich seine Bilder. Und trotzdem verfolgten den Maler zeitlebens Geldsorgen und heftige Kritik, vor allem an seinen Werken im öffentlichen Raum. Auch wenn er sich nach kurzen Studienaufenthalten im Ausland freiwillig entschied, in der Schweiz zu bleiben, war die Beziehung zum Vaterland keineswegs ungebrochen: «Meine Heimat ist, fürwahr, Prunkkammer Gottes und Irrgarten des Teufels, zu gleichen Teilen.»

Heute ist der Maler, der von 1896 bis 1953 lebte, ausserhalb seines Heimatkantons fast vergessen. Zenoni, Urner und auf Biopics von Künstlern spezialisierter Dokumentarfilmer, ist der richtige Mann, um dem entgegenzuwirken. Seine aufwendigen Archiv-Recherchen förderten eine Fülle an Material zutage, nicht nur über den Maler, sondern auch über den Menschen und vor allem den Autor Heinrich Danioth. Daraus schafft Zenoni eine dichte Collage aus Texten – der in Uri aufgewachsene Schauspieler Hanspeter Müller-Drossaart leiht dem Künstler seine Stimme –, historischen Fotografien und Filmausschnitten, Interviews mit Zeitzeugen und Experten und natürlich aus den Bildern des Malers und der Landschaft, in der er lebte.

«Einen ganz persönlichen Heimatfilm» nennt Felice Zenoni seine Dokumentation. In der Tat liefert der Film jede Menge Aufnahmen von Landschaften, von Bergen, Bächen oder Weiden, wie sie in einem Heimatfilm eben zu erwarten sind. Doch in diesem Fall geht es nicht um eine Verkitschung des Kantons, der oft hauptsächlich als Durchgang zum Tessin wahrgenommen und entsprechend im Tal von Autobahn und Zug dominiert wird. Die Bilder folgen dem Blick des Malers auf seine Heimat. Das macht Sinn und verkommt nie zu romantisierender Landschaftsfrömmelei, denn auch wenn sich Danioth nicht als Heimatmaler verstand, sind Berge, Täler, Wasser und Wind für ihn wichtige Inspirationsquellen.

Senta Van de Weetering
Filmwissenschaftlerin und Germanistin. Arbeitete als Journalistin, Redaktorin, Moderatorin und Texterin. Heute arbeitet sie für die Unternehmenskommunikation der Hochschule Luzern und im Team der Internationalen Kurzfilmtage Winterthur.
(Stand: 2020)
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