Auch Milliardäre suchen nach dem Sinn des Lebens. Christian Freis neuster Dokumentarfilm Space Tourists porträtiert Zeitgenossen, die in ihrem irdischen Dasein so viel Geld verdient haben, dass es schwierig wird, alles wieder in einem Menschenleben auszugeben. Und darum wollen sie ihren utopisch geglaubten Kindheitstraum verwirklichen. Was früher für Normalsterbliche unmöglich war, ist seit einigen Jahren mit dem nötigen Kleingeld von 20 Millionen Dollar käuflich: ein Flug ins All. Facettenreich zeigt Space Tourists den Wandel der ehemaligen sowjetischen Raumfahrt von der Propaganda zum Geschäft. Wohlhabende Weltraumtouristen nehmen den militärischen Drill des russischen Weltraumprogramms auf sich, um mit der Sputnik für ein paar Tage schwerelose Ferien zu verbringen.
Anousheh Asari ist die erste weibliche Weltraumtouristin. Ihre Geschichte zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Von der Vorbereitung bis zur Landung kommentiert sie ihre Erlebnisse. Ihre Dokumentation des Kosmonautinnen-Alltags erschöpft sich jedoch schnell im Trivialen. So führt sie etwa die Funktionsweise einer Toilette im Weltall vor. Überraschender sind die kontrastierenden Nebenschauplätze des Weltraumtourismus, die Frei in seinem Werk zeigt. Sein Kameramann Peter Indergand filmt Orte am Boden, die noch verlassener wirken als das Weltall. Als eine Art Reiseleiter führt der Magnum-Fotograf Jonas Bendiksen durch heruntergekommene Ruinen des sowjetischen Weltraumbahnhofs Baikonur. Die Kompositionen von Edward Artemyev, der auch die Musik zu Solaris (UdSSR 1972) und Stalker (UdSSR 1979) von Andrei Tarkowski komponierte, verstärken die Wirkung dieser verlebten Atmosphäre. Poetische, fast surreal anmutende Bilder von Raketenschrottsammlern erhascht die Kamera mitten im kasachischen Nirgendwo. Die Schrottsammler jagen nach den begehrten Raketenstufen, die nach jedem Start ins Weltall vom Himmel fallen. Anschliessend verkaufen sie die Raketenteile nach China, wo daraus Aluminiumfolie gefertigt wird. Oder wie es Bendiksen lapidar formuliert: «In einer globalisierten Welt wickelt man sein Sandwich – in ein altes Raumschiff!»
Space Tourists zeigt das neue Phänomen Weltraumtourismus nicht als blosse Science-Fiction, sondern als ein Zeichen unserer Zeit. Seine Protagonisten könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch wie schon bei seinem Porträt des Kriegsfotografen James Nachtwey in War Photographer (CH 2001) gelingt es Frei, ein differenziertes Bild aller Hauptakteure zu schaffen. Immer wieder fängt er intime Momente ein. Auch bei den schwerreichen Weltraumtouristen, die normalerweise durch eine Schar PR-Beauftragter abgeschirmt werden. Was klar wird: Wer die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens auf der Erde nicht findet, wird sie auch im All nicht finden.