Gewiß, der Anfang des Films ist gelungen. In gedrängten, rhythmisch montierten Aufnahmen, die einem das Gefühl der unabwendbaren Reglementierung geben, verfolgen wir die Einteilung von Schweizer Rekruten in ihre Kompanie. Ein kurzer Informationsaustausch am Rekrutierungstisch und der Rückgriff auf Filmszenen, die ein Monitor auf Anfrage ausstrahlt, sollen den zukünftigen Soldaten als Orientierungshilfe dienen. Unter der summarischen und willkürlichen Logik dieser ersten Unterordnung der jungen Männer steht der Auftakt von L’homme des casernes, und man hofft, daß Jacqueline Veuve analytisch und am Objekt den Alltag der Rekrutenschule in Colombier im Kanton Neuenburg, den sie während vier Monaten beobachtet hat, darstellen wird.
Doch leider folgen auf den vielversprechenden Anfang Szenen, die sich in ihrer Bequemlichkeit, zu sehen anstatt zu betrachten, zu beschreiben anstatt klar zu erfassen, in Entfernung zu bleiben anstatt sich anzunähern, ähnlich sind. Sicherlich, die Kamera filmt ab und zu Alltagsmomente aus der Nähe, jedoch selten lange genug, um sie Konsistenz und eine Bedeutung in der globalen Sicht der Filmemacherin gewinnen zu lassen. Der Film ist beispielhaft dafür, unaufhörlich die eigentlichen Fragen des Filmemachens zu stellen, so etwa Fragen nach der richtigen Entfernung oder nach der richtigen Länge der Einstellungen und Szenen, dann aber diese in enttäuschender Weise beantwortet. Veuve zieht das Verfahren der informativen Kompilation einer Untersuchungsmethode vor, die die wichtigen Themen (wenn auch nur als Hypothesen) vertieft hätte, so beispielsweise den Paternalismus der Vorgesetzten, ihren Autoritätsanspruch, die bedeutungsvolle Logik der Instruktionsvorträge oder Widerstand und Anpassung der Rekruten. Entstanden ist ein mittelmäßiger Film, der von der Naivität zeugt zu glauben, daß die Alltagsrealität dieser zukünftigen Soldaten genügt, um die implizierten Wertsysteme zu entlarven.
L’homme des casernes rettet sich aber dank einigen bemerkenswerten Szenen aus der Belanglosigkeit. Man denke etwa an die schmerzlich banalen Reden des Feldpredigers, an die simplifizierenden Gespräche zwischen Rekrutierungsoffizier und den Soldaten, von denen erwartet wird, daß sie weitermachen, oder an die Schieß- und Granatenwurfübungen - gefährliche und ritualisierte Spiele. Die Wirklichkeit übertrifft die Fiktion wie auch die allzu zaghafte filmische Umsetzung. Aus diesen dichten Momenten, die erkennen lassen, mit welchen Werten sich die Armee schmückt, um die Soldaten heranzuziehen, macht der Film nichts, außer sie in ihrem äußerlichen Abbild dem Scharfsinn des Zuschauers zu überlassen. Es sind diese Momente, die einen bedauern lassen, daß Jacqueline Veuve sich nicht deutlicher als filmende Ethnologin erweist mit der Absicht, einen spezifisch filmischen Erkenntnisbereich zu schaffen.