PAULE PAULÄNDER

TINY PEOPLE (MANU HOPAN, ANDREA CAPREZ)

SELECTION CINEMA

Den Song „Tiny people“ (winzige Leute) hat Andrea Caprez geschrieben und mit Musikern und Musikerinnen aus der Zürcher Rockszene in einem 8-Spur-Studio aufgenommen und produziert. Caprez ist einer der Comics-Zeichner, die sich in Zürich seit 1980 mit den Magazinen Stilett und Strapazin entwickelt haben. Für das Video hat er einen Schwarzweiss-Comic-Strip in Trickfilm-Animation bearbeitet. Eine zweite bildliche Ebene entsteht durch die, mit teilweise raffinierter Schnitt-Technik in den Trickfilm hineinmontierten farbigen Bilder und animierten Figuren der Malerin Manu Hopan. Diese geben dem filmischen Ablauf einen eigenen und speziellen Rhythmus. Tiny people könnte man so unter die Videoclips einreihen. Der Werbe-spot-Charakter, der die meisten Videoclips so nachhaltig prägt, wird allerdings vermieden.

Die Musik steht nicht einfach als irgendein Rock’n Roll-Song da, sondern ist so produziert, dass sie sich zur eigentlichen Filmmusik entwickelt. Der Songtext wird umgesetzt, bildlich gestaltet. In inhaltlicher Übereinstimmung von Musik und Bildern wird eine Geschichte erzählt: Es geht um die Albträume eines vereinsamten Bünzlis in einer grauen Trabantenstadt. In seiner Paranoia sieht und spürt er überall winzige Wesen von dunkler Hautfarbe, bewaffnet mit Rasierklingen und Messern. Er weiss nicht, was sie wollen, was sie von ihm wollen, er spürt nur, dass sie ihn quälen, und das hält ihn wach.

Im Vergleich zur letztjährigen Arbeit von Hopan / Caprez, Red, ist Tiny People klarer strukturiert, präziser inszeniert und damit ein deutlicher Fortschritt. Das Video ist aber eher der traditionellen Form von Kurzfilm mit Musik (in der Art der expressionistischen Stummfilme) zuzurechnen, als der neuentstandenen Videoclip-Form.

Paule Pauländer
ist Dokumentarist, Musiker und Kinogänger in Zürich. Ehemaliger Mitherausgeber des CINEMA.
(Stand: 2019)
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