Hoffnung oder Verzweiflung! Kinoereignisse des Jahres — dies ist, sehr vereinfacht, das Stichwort zum vorliegenden Heft. Doch was sind Ereignisse? Die grossen amerikanischen Maschinen, deren Erfolgsrezept Spezialeffekte heisst? Oder erste kinematographische Versuche aus einem bisher unbekannten Filmland, Werke also, für die in unseren Kinos erst noch ein Platz geschaffen werden muss? Wir haben uns — zum Teil gewollt, zum Teil, weil es sich so ergeben hat — für Filme entschieden, die in einer «bösen Zeit» nach etwas anderem suchen, für etwas anderes kämpfen: La Notte di San Lorenzo, Yol. Die Ahnung von etwas anderem — das steht aber auch als Titel über dem Aufsatz, der Rainer Werner Fassbinder gewidmet ist. Wenn in diesem Heft also von Hoffnung die Rede ist, so wird diese gewisser-massen als eine letzte Rettung vor der endgültigen Verzweiflung beschrieben. Hoffnung oder Verzweiflung — so könnte das Heft auch überschrieben sein. Auch wenn diese Nummer von Kinoereignissen ausgeht, erhebt sie keineswegs den Anspruch, das Wichtigste des Jahres zu behandeln. Dieser Anspruch wäre überrissen, man würde zum Beispiel mit Recht Wim Wenders’ Der Stand der Dinge vermissen. Dieser Film hätte hier eigentlich auch besprochen werden sollen, es war jedoch nicht möglich, ihn rechtzeitig zu sehen. Grösseren Raum nimmt wiederum der Schweizer Film — oder besser: Filme aus der Schweiz und Filme von Schweizern — ein. Einige dieser neuen Werke — sie sind im Aufsatz Die Zeit ist böse beschrieben — bilden denn auch einen weiteren Aspekt des in diesem Heft behandelten Hauptthemas. Bernhard Giger
CINEMA #28/3
UMWEGE DER HOFFNUNG