Film und Heimat heute Und was macht der Film? Wird Kaiseraugst gebaut oder nicht? Eine Frage beschäftigt ein Land, alle erwarten vom Bundesrat endlich den Entscheid. Aber dieser drückt sich darum und schiebt den Schwarzpeter der Bauherrin zu. Wäre CINEMA keine Filmzeitschrift, so müsste in dieser Nummer, unter diesem Titel auch von Kaiseraugst die Rede sein. Aber wir schreiben ja über Film. Noch mehr: Film ist unser Beruf, die Zeitschrift ist - auch wenn wir nicht zahlen können, was Ringier-Blätter zahlen -nicht unser Hobby. Im Gegenteil, wir möchten, dass hier geschrieben wird, was einer, der über Film schreibt, sonst nicht schreiben kann - keine Filmkritik also, wie sie im Feuilleton der Tageszeitung stattfindet. CINEMA sollte Freiraum sein für das Nachdenken über Film, über das was er zeigt, über das was wir dabei spüren. Und - sonst bleibt die Betrachtungsweise einseitig - über das, worauf er reagiert. Mit anderen Worten: die Zeitschrift reagiert indirekt auf Ereignisse und Erscheinungen dieser Zeit. Von der Wiedereroberung von Orten, an denen Leben ohne Angst möglich ist, wird nicht nur viel gesprochen in dieser Zeit, es gibt auch solche, und es werden mehr und mehr, die daran arbeiten. Die Frage, wie und wo der Film auf diese Wiedereroberung reagiert, drängt sich darum auf. Wir schreiben nicht über Kaiseraugst - uns interessiert, wie der Film auf Kaiseraugst reagiert. Aber es gibt ja nicht nur Kaiseraugst, und es gibt ja nicht nur den Kampf gegen Atomkraftwerke. Es geht, in Bangladesh ebenso wie hier, in den USA ebenso wie in Chile, um viel mehr. Film und Heimat heute: Nichts über unberührte Landschaften.

CINEMA #27/3
LEBEN VOR DEM TOD