CINEMA, Stand der Dinge Obwohl ihr lange und immer mehr das Geld und die Mitarbeiter gefehlt haben, ist die Zeitschrift Cinema 1973 noch ehrwürdige neunzehn Jahre alt geworden. Karl Aeschbach und Viktor Sicher waren bis zuletzt beharrliche Herausgeber, sind aber zumal im vorigen Jahr ohne eigenes Verschulden zunehmend in Verzug geraten. Den Verpflichtungen gegenüber ihren Abonnenten werden sie noch nachkommen: Der Jahrgang 1973 soll in den nächsten Monaten mit der Nummer 76 abgeschlossen werden. Zum Jahresanfang hat eine Gruppe von siebzehn Filmjournalisten aus allen Teilen des Landes die Nachfolge angetreten. Mit dem Heft, das der Leser jetzt in der Hand hält, legt die «Arbeitsgemeinschaft Cinema» das erste Ergebnis ihrer Bemühungen vor, die Zeitschrift gewissermassen im fliegenden Wechsel weiterzuführen. Zum heutigen Erscheinungsdatum des ersten «neuen» Cinema stehen einzelne Hefte des «alten» noch aus. Deshalb fahren die neuen Herausgeber nicht mit der bisherigen Nummerierung fort, sondern beginnen von vorne mit der Ziffer 1/74. Alles möchte die «AG Cinema» nicht anders machen: Es bleibt, vorläufig jedenfalls, beim viermaligen Erscheinen im Jahr; auch sollen die Hefte weiterhin monographischen Charakter haben. Die Unabhängigkeit der Zeitschrift vom Einfluss gesellschaftlicher Gruppen aller Art bleibt erhalten, auch und gerade, was den Staat betrifft, der Cinema subventioniert. Die wichtigste Änderung betrifft die publizistische Produktionsweise: Berufsarbeit tritt an die Stelle des bisherigen Freizeit-Journalismus. Die Arbeit der Cinema-Macher soll, wann immer es möglich ist, nach professionellen Ansätzen honoriert werden. Der Leser sollte sich davon eine bessere Zeitschrift versprechen dürfen, und wir hoffen auf sein Verständnis dafür, dass ein solches Cinema auch mehr kostet, sagen wir's offen: ganz wesentlich mehr. Die zweite wichtige Änderung geht die technische Produktionsweise an: Die Druckzeit vom Redaktionsschluss bis zum Erscheinen, bisher waren's drei Monate, beträgt jetzt etwa drei Wochen. Cinema kann also um einiges aktueller arbeiten, ein Vorteil, der übrigens die Preiserhöhung mit verursacht hat. Cinemas Zweisprachigkeit schliesslich bedeutet keine absolute Neuerung, sondern die Wiederaufnahme einer Tradition, die vor Jahren einmal ohne zwingende Gründe verloren gegangen ist. Es ist vielleicht kein Zufall gewesen, dass wir den «Groupe 5» zum ersten Thema gewählt haben, jedenfalls nicht, wenn man die Genfer Schule als den Ausdruck einer Verfestigung und Professionalisierung im schweizerischen Filmschaffen deutet und Cinema als den Versuch, die Kritik qualitativ allmählich auf die Höhe des Filmschaffens zu bringen. Arbeitsgemeinschaft «CINEMA»
CINEMA #20/1
GROUPE 5