Der alte Güterbahnhof in Zürich-Aussersihl war lange ein Teil des Eisenbahnverkehrs zwischen Nord- und Südeuropa, der die Schweiz zum Handelsplatz machte und ihr Wohlstand bescherte. Heute sehen manche Schweizer diesen Wohlstand bedroht und möchten ihn wahren, indem sie das Land vor Einwanderern mit Sozialleistungsansprüchen und fremden Arbeitnehmern abgrenzen. Thomas Imbach beobachtet in Nemesis aus seinem Atelierfenster über sieben Jahre hinweg den Abriss des Güterbahnhofs und den Aufbau des Zürcher Polizei- und Justizzentrums, das auch ein Gefängnis umfasst. Überwachen und Strafen statt Austausch: Imbach zeichnet den Wandel im Stadtbild als symptomatisch für eine fragwürdige politische Entwicklung, die in Fremdenfeindlichkeit und Isolationismus wurzelt.
Das Filmmaterial ist essayistisch zu einer mehrsträngigen Erzählung verdichtet. Nebst den Baustellen-Tableaux sehen wir einzelnen Menschen zu, die zu Figuren in Geschichtsfragmenten werden. Wir hören das Voice-over einer Filmemacherfigur, die über das Beobachtete nachdenkt, über den Prozess des Filmens und die Flüchtigkeit der Zeit. Das Verschwinden der vertrauten Aussicht erinnert ihn an den Verlust liebgewonnener Menschen. Der Beschäftigung mit Vergangenem steht die Gegenwart entgegen: Auch inhaftierte Migranten kommen zu Wort und erzählen von ihren Erlebnissen während der Flucht und Gefangenschaft.
Über Assoziationen verquickt der Film seine Stränge: Die Willkür der Justiz und die als sinnlos erlebte Haft verbinden sich mit der unbelebten Leere der Brachenlandschaft und der Gewalt der Abbruchmaschinen. Der Funkenregen des Neujahrsfeuerwerks wird durch die Montage verknüpft mit der Frage nach der Zukunft der gesellschaftspolitischen Entwicklung. Subtil flicht der Film Kritik an der Schweizer Migrationspolitik ein. Die filmische Zeit verhält sich, wie die Zeit in den Träumen und Erinnerungen des Filmemachers, nicht linear: Oft läuft sie – durch Zeitraffer und –lupe – schneller oder langsamer, vor- oder rückwärts, und steht so dem unablässigen Voranschreiten des Bauprojekts entgegen. So wird es durch eine rückwärtslaufende Aufnahme möglich, dass der Güterbahnhof plötzlich aus seinen Trümmern wiederaufersteht; der Film wendet wie durch Zauber die bedrückenden Tendenzen der Gegenwart für einen kurzen, illusorischen und wohltuenden Moment ab.
Die titelgebende Nemesis ist in der griechischen Mythologie die Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit, sie bestraft die menschliche Selbstüberschätzung und die gesellschaftliche Dekadenz. Ob der Film in seinen erzählerischen Möglichkeiten und seiner Beobachtungsgabe die Möglichkeit dieses Ausgleichs sieht? Oder uns dazu aufruft? Der Bedarf danach und der Zorn über die Ungerechtigkeit werden jedenfalls deutlich.
Das Filmmaterial ist essayistisch zu einer mehrsträngigen Erzählung verdichtet. Nebst den Baustellen-Tableaux sehen wir einzelnen Menschen zu, die zu Figuren in Geschichtsfragmenten werden. Wir hören das Voice-over einer Filmemacherfigur, die über das Beobachtete nachdenkt, über den Prozess des Filmens und die Flüchtigkeit der Zeit. Das Verschwinden der vertrauten Aussicht erinnert ihn an den Verlust liebgewonnener Menschen. Der Beschäftigung mit Vergangenem steht die Gegenwart entgegen: Auch inhaftierte Migranten kommen zu Wort und erzählen von ihren Erlebnissen während der Flucht und Gefangenschaft.
Über Assoziationen verquickt der Film seine Stränge: Die Willkür der Justiz und die als sinnlos erlebte Haft verbinden sich mit der unbelebten Leere der Brachenlandschaft und der Gewalt der Abbruchmaschinen. Der Funkenregen des Neujahrsfeuerwerks wird durch die Montage verknüpft mit der Frage nach der Zukunft der gesellschaftspolitischen Entwicklung. Subtil flicht der Film Kritik an der Schweizer Migrationspolitik ein. Die filmische Zeit verhält sich, wie die Zeit in den Träumen und Erinnerungen des Filmemachers, nicht linear: Oft läuft sie – durch Zeitraffer und –lupe – schneller oder langsamer, vor- oder rückwärts, und steht so dem unablässigen Voranschreiten des Bauprojekts entgegen. So wird es durch eine rückwärtslaufende Aufnahme möglich, dass der Güterbahnhof plötzlich aus seinen Trümmern wiederaufersteht; der Film wendet wie durch Zauber die bedrückenden Tendenzen der Gegenwart für einen kurzen, illusorischen und wohltuenden Moment ab.
Die titelgebende Nemesis ist in der griechischen Mythologie die Göttin der ausgleichenden Gerechtigkeit, sie bestraft die menschliche Selbstüberschätzung und die gesellschaftliche Dekadenz. Ob der Film in seinen erzählerischen Möglichkeiten und seiner Beobachtungsgabe die Möglichkeit dieses Ausgleichs sieht? Oder uns dazu aufruft? Der Bedarf danach und der Zorn über die Ungerechtigkeit werden jedenfalls deutlich.