Immer wieder ringt Meredith (Barbara Auer) kaum hörbar nach Luft im kalten, neonbeleuchteten Untersuchungsraum. Die Unsicherheit und Ratlosigkeit durch ihre neue Lebenssituation steht ihr ins Gesicht geschrieben, es fehlen ihr die Worte. Meredith ist gefangen im Vakuum.
Durch eine Routineuntersuchung bei der Blutspende wird Meredith mit der schockierenden Diagnose HIV-positiv konfrontiert. Einziger Überträger kann ihr Mann André (Robert Hunger-Bühler) sein, mit dem sie mitten in den Vorbereitungen für ihren 35. Hochzeitstag steckt. Die beiden führten bis anhin scheinbar eine harmonische, liebevolle, auf Vertrauen basierende Ehe. Wie konnte er sie so hintergehen? Wie können sie je wieder zueinanderfinden? Und will Meredith das überhaupt? Der zweite Spielfilm der Schweizer Regisseurin Christine Repond wirft fundamentale Fragen rund um menschliche Beziehungen und Vertrauen auf und das in einer Weise, die der Titel nicht prägender hätte formulieren können.
Das Vakuum wird dem Zuschauer eindrücklich auf verschiedenen gestalterischen Ebenen vermittelt. Vor allem durch das Filmbild, welches die narrative Luftleere auf eine bemerkenswert charakteristische Weise widerspiegelt. Angefangen bei der Atmosphäre, die sich durch die ungekünstelte herbstliche Jahreszeit kühl, windig und dunkel gestaltet. Diese karge und unterkühlte Stimmung zieht sich restlos durch den Film und zeichnet sich als bedrückende Konstante aus. Unterstützt wird das auch vom Sounddesign, welches so dezent ist, dass es die intradiegetischen Geräusche klar in den Vordergrund stellt. Dadurch verstärkt sich die Stille, und eine Illusion des luftleeren filmischen Raums wird erzeugt. Die langsamen Schnitte zwischen den meist statischen, distanzierten Einstellungen sind schon fast so schmerzhaft anzusehen wie die sich stetig steigernde Tragik der Handlung. Die minutiös dazwischengesetzten Nahaufnahmen der Hauptfiguren setzen das hervorragende Schauspiel von Auer und Hunger-Bühler perfekt in Szene und bringen angemessene Bewegung ins Bild. Mal offensichtlich gequält, mal ihre tiefe Verletzung überspielend – aber immer authentisch – verleiht Auer Merediths Figur eine eindrückliche Aura aus Stärke, Verletzlichkeit und tiefer Trauer.
Vakuum überzeugt auch mit narrativer Tiefe. Geschichten rund um Vertrauensbruch und Herzschmerz sind in der Filmgeschichte seit jeher vertreten. Doch Repond geht einen Schritt weiter und erzählt ihre Geschichte auf eine innovative und berührende Weise. Es geht nicht darum, wer was falsch gemacht hat. Vielmehr geht es um die Frage, wie viel man der grossen Liebe verzeihen kann und wie viel sie aushält? Eine klare Antwort liefert der Film bis zum Ende nicht, was den einzigartigen Reiz von Vakuum ausmacht und einen noch Tage später beschäftigt.