Florence, Guillaume und Antoine haben nur ein Ziel vor Augen: die Teilnahme an einem der wohl härtesten Skirennen der Welt, der «Patrouille des Glaciers». 1943 von Mitgliedern der Schweizer Gebirgsbrigade für die Erprobung des Militärs ins Leben gerufen, lockt das alle zwei Jahre stattfindende, 50 bzw. 100 km lange Bergrennen von Arolla bzw. von Zermatt nach Verbier Tausende Teilnehmer an den Start, die beim Auf- und Abstieg im Gebirgsmassiv an ihre körperlichen und psychischen Grenzen gehen. Frédéric Favre begleitet für Encordés drei Teilnehmer bei der intensiven, monatelangen Vorbereitung auf das mythische Rennen und sucht nach einer Antwort darauf, was sie zur Teilnahme an dem extremen Unterfangen bewegt.
Die Antworten fallen unterschiedlich aus: Für Florence, die vor ihrer ersten Teilnahme steht, ist es vor allem ein Andenken an den verstorbenen Vater, der das Rennen viele Jahre lang erfolgreich bestritten hat. Guillaume wiederum ist bereits ein alter Hase und opfert jede freie Minute für das Training, im Blick stets die Jagd nach einer neuen Rekordzeit. Und Antoine, nach Gewaltexzessen in seiner Jugend und absolviertem Drogenentzug, will sich und der Welt beweisen, dass er zu mehr fähig ist. Bei aller physischen Tortur stellt die Vorbereitung alle drei dann vor allem auf eine zwischenmenschliche Bewährungsprobe. Die Entscheidung für die «Patrouille des Glaciers», so zeigt der Film in enger Begleitung und präziser Beobachtung der Athleten, bringt deren Leben gehörig durcheinander. Da das Rennen in Teams stattfindet, muss Florence nicht nur den Verlust ihres Vaters verarbeiten, sondern auch ihr Einzelgängertum unter Extrembedingungen ablegen lernen. Ähnliches gilt für Antoine, der seine Besessenheit nach einer guten Leistung mit den Fähigkeiten seines noch unerfahrenen Teams vereinbaren muss, für das er als Anführer die Verantwortung trägt. Guillaume wiederum lernt schmerzlich, dass jede Minute für das Training eine Entscheidung gegen gemeinsam verbrachte Zeit mit seinem Sohn und seiner Frau ist.
Favre, der bereits mit Cyclique (CH 2015), physische Ausnahmesituationen in den Fokus rückte, bleibt mit Encordés stets so nah wie möglich bei seinen Protagonisten. Der Film vermittelt eindrucksvoll – mal über die kraftraubende Begleitung der Sportler mit der Handkamera, mal durch an deren Anzügen montierte Kameras – die enorme körperliche Anstrengung des Unterfangens. Und wartet insbesondere während des Rennens, dem eigentlichen Höhepunkt, mit beeindruckenden Bildern auf; etwa, wenn sich die Teilnehmer in tiefschwarzer Nacht als Perlenkette aus Lichtkegeln das Bergmassiv hinaufschieben. Trotz dieser Schauwerte gelingt es Favre, die wirkmächtigen Bilder nicht dem Selbstzweck zu überlassen, sondern immer auch als Übersetzung des inneren Kampfes der Protagonisten verstehbar zu machen.