Man könnte den Plot von Philippe Garrels neuem Beziehungs-/ Trennungsdrama für ähnlich ärmlich halten wie der aufdringliche Vermieter die spärlich eingerichtete Mansardenwohnung der Protagonisten zu Beginn des Films. Man würde dabei aber verkennen, dass hier wie da jedes Element genau an seinem Platz steht, mit Bedacht ausgesucht wurde – also insgesamt alles da ist, was da zu sein hat. Hätte Bresson während der Nouvelle Vague romantische Komödien gedreht – das Ergebnis unterschiede sich nicht bedeutsam von Garrels Spätwerk. Dies liegt nicht zuletzt auch am unnachgiebigen Beharren dieses vielleicht letzten Vertreters der beliebtesten aller Filmepochen an 16-mm-Schwarzweissbildern (hier vom Schweizer Kameramann Renato Berta), einem schon fast übereffizienten Schnitt sowie einer ironisch-distanzierten, auktorialen Erzählerstimme, die direkt Truffauts Jules et Jim (1962) entsprungen scheint.
Manon und Pierre leben also in jener eingangs erwähnten, sparsam ausgestatteten Pariser Wohnung, arbeiten zusammen an Pierres Dokumentarfilm über einen angeblichen Résistance-Kämpfer (Manon hat ihre eigene Karriere mehr oder weniger aufgegeben). Im Filmarchiv trifft Pierre auf Elizabeth, mit der er eine Affäre beginnt, die er vor sich selbst mit dem Umstand entschuldigt, dass er eben ein Mann sei. Gleichzeitig kann er dann aber nicht wahrhaben, dass auch Manon nicht die liebe, treue Ehefrau ist, die «so was nicht tun würde». Doch nachdem Elizabeth Manon mit einem ande- ren Mann beobachtet und ihre Entdeckung Pierre mitgeteilt hat, verlangt dieser von Manon, ihre Affäre schleunigst zu beenden – natürlich ohne selbst die Gelegenheit wahrzunehmen, seine eigene Untreue zu gestehen oder ihr ein Ende zu bereiten. Eifersucht, verletzte Männlichkeit, mangelnde Kommunikation sowie nicht zuletzt ein schon fast lächerliches Unvermögen Pierres, seiner Partnerin dieselben Freiheiten zuzugestehen, die er für sich herausnimmt, bereiten der Beziehung schliesslich ein vorläufiges Ende – obschon beiden im Grunde klar ist, für ihr Glück vom anderen abhängig zu sein.
So einfach sich dieser Plot auch anhören mag, verweist jede Geste und jede Artikulation der grossartigen Schauspieler auf Tiefen, für die andere Filmemacher ganze Szenen, wenn nicht Filme benötigen. In seiner über 50-jährigen Regietätigkeit hat Garrel nach und nach alles Überflüssige wegradiert, um zu einer Art Essenz der Inszenierung, des Plots und der Schauspielführung zu gelangen, deren kumulativer Effekt schon fast zwangsweise poetisch ist. Trotzdem wirkt der Film nicht angestrengt und vergeht – nicht nur aufgrund seiner Kürze – wie im Flug. Ein Meisterwerk, wenn auch ein unauffälliges.