Wenn sich das Blaulicht auf dem Krankenwagen dreht, zählt jede Sekunde. So schildern es zumindest hochdramatische Szenen in unzähligen Filmen und vor allem Fernsehserien. Wie der Beruf des Rettungssanitäters aber in der Wirklichkeit aussieht, zeigen Lena Mäder und Roman Hodel in ihrem fesselnden Dokumentarfilm Blaulicht. Die beiden Filmemacher begleiteten in ihrem Diplomfilm der Hochschule Luzern zwei Rettungsteams in ihren Dienstwagen – eines im eher ländlichen Stans, das andere in der Stadt Zürich. Auf deren Einsätzen haben die Filmemacher faszinierende Bilder und Stimmungen eingefangen und dabei ein mitreissendes Porträt eines vielseitigen Berufs entworfen.
Meist sieht die Arbeit der Rettungssanitäter anders aus, als die Spielfilme und Fernsehserien erwarten liessen. Häufig verlangen die Patienten nicht primär schnelles Handeln, sondern hauptsächlich Geduld und Einsicht. Bei einem Einsatz in Zürich spricht Rettungssanitäter Sandro Herren mit ruhiger Stimme. Er muss von einem Mädchen erfahren, was vorgefallen ist, und erklärt ihr, welche Möglichkeiten ihr offenstehen. Bei einem Verkehrsunfall in der Innerschweiz muss Fabian Filliger, Leiter des Rettungsdienstes des Kantonsspitals Nidwalden, die aufgebrachte Partnerin eines Verunfallten beruhigen und trösten. So entwerfen Mäder und Hodel in ihrem Bericht ein Bild der Rettungssanitäter zwischen Medizinexperten und Krisenberatern. Manchmal aber muss tatsächlich alles sehr schnell gehen. Die unvermeidliche Hektik und der Zeitdruck bei den Einsätzen sind ebenfalls Teil von Blaulicht. In den konzentrierten Gesichtern der Rettungssanitäter zeichnet sich die Anspannung ab; scheppernd bewegt sich das Einsatzfahrzeug über nächtliche Strassen, die durch das Blaulicht in eine unheimliche Atmosphäre getaucht werden.
Zurückhaltend und doch sehr einfühlsam setzen Mäder und Hodel ihre Protagonisten in Szene. Anstatt auf die Opfer richten die Filmemacher ihren Blick ausschliesslich auf die Helfer. Ihr Film bildet dadurch einen Kontrapunkt zur berüchtigten Sensationslust vieler Medien, die jedes kleinste Detail von schauerlichen Unfällen ausschlachten.
Im zweitletzten Einsatz sind dann nicht einmal mehr die Rettungssanitäter zu sehen. Die Kamera ist fix auf ein Gebäude gerichtet, während man auf der Tonspur lediglich die Stimmen aus dem Haus hört. Die Situation spitzt sich rasch zu. Herren fordert die Hilfe seiner Kollegin für eine Reanimation an. Nach einer Weile müssen die Rettungskräfte konstatieren, dass der Patient nicht mehr lebt. Trotz der räumlichen Distanz erzeugen die angespannten Stimmen eine unmittelbare Spannung und die Betroffenheit der Rettungssanitäter wird spürbar. Der Kontrast zwischen Distanz und Nähe ist eindrücklich und packend inszeniert. Darauf folgt zunächst betrübtes Schweigen – bevor dann der nächste Einsatz ansteht.