Ein Sturm zieht auf über der Schweiz. Im Herzen des Landes formen sich weisse Wolkenschwaden zu einer bedrohlichen Front, die sich über dem ganzen Land ausbreitet. Experten erwarten einen Orkan von biblischem Ausmass. Heimatland erzählt davon, wie einfach Schweizer Bürger auf diese Krisensituation reagieren: Vom fremdenfeindlichen Geschäftsmann, der plötzlich auf die Hilfsbereitschaft eines ausländischen Taxifahrers angewiesen ist, einem Supermarktdetektiv, der in der allgemeinen Panik für einen Moment die Geduld verliert, über die Schwyzer Patrioten, die sich zu einer Bürgerwehr formieren, bis hin zu jenem jungen Pärchen, das sich an Weltuntergangspartys allmählich voneinander entfremdet, zeichnet der Film eine vielstimmige Bestandesaufnahme einer Schweiz im Ausnahmezustand.
Heimatland geht auf eine Initiative von Jan Gassmann, Lisa Blatter und Michael Krummenacher zurück. Beunruhigt über das politische Klima in der Schweiz haben sie ähnlich gesinnte Filmemacher gesucht, die ausgehend von erwähntem Krisenszenario ihre eigenen Geschichten erzählen. Dabei sind neun unabhängige Episoden von zehn Schweizer (Nachwuchs-)Regisseuren entstanden, die mit der Unterstützung des Produzenten Stefan Eichenberger zu einem dramaturgisch geschickt verwobenen Episodenfilm zusammengefügt wurden. Die Macher lassen dabei offen, wer welchen für Teil verantwortlich zeigt.
Um ihrem Unmut über den politischen Isolationskurs des Landes Ausdruck zu verleihen, greifen die Filmemacher auf eine eindringliche Bildsprache und einen wuchtigen Soundtrack zurück, doch relativieren sie dabei ihre vordergründig pessimistische Haltung immer wieder mit einem Augenzwinkern. Angefangen bei der wunderbar absurden und doch treffenden Idee, dass die Wolke an den Landesgrenzen haltmacht, finden sich in den wiederholt komische Momente, welche die Untergangsallegorie ironisch unterlaufen.
Hier ist ein Produktionsteam am Werk, das zusätzlich zu seiner mutigen Herangehensweise auch eine künstlerische und handwerkliche Reife an den Tag legt: Von der Kameraarbeit über die Schauspielführung bis hin zu den aufwendigen Massenszenen braucht der Film den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Und auch wenn zuletzt nicht alle Episoden eine gleichwertige inhaltliche Dringlichkeit und emotionale Tiefe entwickeln, wirkt das Gemeinschaftswerk dank seiner klugen Montage trotzdem wie aus einem Guss. Heimatland ist daher nicht nur ein starkes Ausrufezeichen einer neuen Generation, sondern auch ein Versprechen für die Zukunft.