Angesichts der umfassenden Krise, die sich gegenwärtig in politischen, sozialen, humanitären, intellektuellen und kulturellen Bereichen abzeichnet, und der im zerstörerischen Zyklus des Neoliberalismus verankerten Weltanschauungen ist es unabdingbar, dass im Denken und Handeln neue Formen geschaffen werden müssen. Jenseits der etablierten fiktionalen und dokumentarischen Genres, des von allen möglichen Einflüssen, Hybridisierungen und Einwänden postmoderner Akademismen bestimmten Territoriums, braucht es den Essay, den Versuch, als ein aus tausend Stimmen gemachter Weg, als eine Neuanordnung unseres Auf-der-Welt-Seins, unserer konkreten, materiellen Erfahrung des Alltags wie auch der imaginären und utopi schen Dimensionen unserer geistigen Tätigkeit. Es geht darum, die Welt in eine Versuchsanordnung zu stellen, wobei «der Versuch – die Form, die denkt» (Jean-Luc Godard) gemeint ist. Unser allgemein krisengeschüttelter Lebenswandel und die dominanten Repräsentationsmodelle rufen Transformationen sowie Brüche und Risse hervor, die ästhetischer und narrativer Natur sind, sodass Erzählungen und, was uns betrifft, Filme der Welt anders ausgesetzt sind. Dieser Versuch, der sich zum Glück nicht auf eine einzelne Definition reduzieren lässt, ist stets ein einmaliges und einzigartiges Werk, zwangsläufig kritisch, ikonoklastisch und in erster Linie Schöpfer anderer Formen. Dies gilt auch für unauffälligere Brüche und solche in epistemologischen und anthropologischen Dimensionen. Der Versuch soll unsere Wahrnehmungserfahrung im Kino verändern und von unserem Bezug zur Welt ausgehen.
Die Arbeit von Peter Mettler versucht, neue Daseinsformen für sich und die anderen zu erfinden. Um das zu erreichen, arbeitet er ausgiebig mit der Verwandlung der Erzählzeit als filmische Erfahrung und der unseres kurzen Lebens selbst – des wirklichen Lebens. Dieser Text ist selbst ein Essay, ein Versuch, aber auch eine Versuchung, den Rhythmus und die Zeit zu ermessen, die das Werk des Filmemachers ausmachen. Und zu guter Letzt geht es auch um die Geschichte der Verwandlung des Realen zur Realität, die mit nichts anderem zu vergleichen ist.
Erste Bilder – Gambling, Gods and LSD
Die ersten Bilder von Gambling, Gods and LSD (Peter Mettler, CH 2002) sind keine Bilder. Die Zeit ganz am Anfang dieses Films von Peter Mettler ist keine Zeit. Sie nimmt jedoch sechs Minuten der hundertachtzig ein, die der Film dauert. Dieses flüssige Magma, bestehend aus verschachtelter, audiovisueller Materie, ist im Grunde unsichtbar oder besser unanschaubar, da selbst der wachsame Zuschauer nicht fähig ist, das zu erfassen oder gar zu benennen, was ihm hier an Gewalt an seinem Wahrnehmungsapparat angetan wird. Die rasenden Bilder verunmöglichen das Sehen und viel mehr das Schauen. Der Ansturm ist zähflüssig, angetrieben durch unaufhörliche Bewegung. Die Fragmente scheinen aus einer weichen Tiefe her aufzutauchen, um gleich darauf wieder in ihr zu versinken, tauchen auf und verschwinden wieder in derselben Materie, aus der sie hervorgekommen sind. Wie eine Darstellung des Universums nach der Apokalypse. Oder was diesen Erzählungsbeginn dieser Geschichte angeht: vor der Schöpfung der Welt …
Die Betonung des Bildflusses ist von spektakulärer Komplexität. Es gibt keine festen Formen. Der Filmemacher bemüht sich, die Fragmente zu verdichten und jegliche Nähte zu entfernen, um einen schliesslich glauben zu machen, dass dieser magmaartige Zustand von einer Zeit herrührt, bevor sich der Blick des Kinos auf ihn richtete.
Aus diesem Teilchenniederschlag heraus, der einem undefinierbaren Rhythmus folgt, bei dem weder Veränderung noch Fortschritt erkennbar sind, erscheinen die ersten Bilder; es ist dieser sintflutartige Strom, aus dem heraus die erste Zeitabfolge entsteht. Bild- und Zeitkrümel, beinahe nichts – und doch ist es die Schöpfung einer räumlich-zeitlichen Konsistenz, der wir beiwohnen.
Cronos sei also der ausführende Gott, der die Dinge zu ihrem Ende führt. […] Cronos wurde zu Chronos, weil es die Zeit ist, die die Dinge gedeihen lässt und, im weiteren Sinne, die Wesen zu deren Reife und Ende führt.1
Das Bild ist da, begrenzt und festgehalten von einem Rahmen im Raum. Es geht um die Etablierung der Einstellung, die man als Fragment einer ununterbrochenen Bildaufnahme betrachtet, der Basiseinheit der Filmsprache. Und auch die Zeit des Bildes wird in einem Rahmen festgehalten, dessen Dauer zeitlich quantifizierbar ist. Die Einstellung ist also eine durch Raum und Zeit beschlossene Einheit. Daraus entsteht der Prolog der anschliessenden Erzählung. Aus ihr wird die Geschichte, die bei Peter Mettler aus einer Vielzahl von Geschichten besteht, ihre Kohärenz finden.
Es ist die Matrix des Universums selbst, die den Übergang des Realen zur Realität wahrnehmbar macht. Peter Mettler vollzieht eine Initiation, indem er vom Inartikulierten, vom Nullpunkt des Sinns einen Zugang zum artikulierten, realistischen Organismus erschafft. Der Beginn des Films ist paradigmatisch insofern, als er die kreative Entwicklung vom Lehm zu seiner vollendeten Repräsentation nachvollzieht.
Nichts ist schwächer als das Gerede derer, die solche primitive Wörter definieren wollen.2
Hier drängt sich Regiestudenten, Autodidakten wie auch etablierten Filmemachern die stetig wiederkehrende Aufgabe auf: das Studium der filmischen Einstellungen. Es geht darum, diese in ihrer ursprünglichen Dynamik betrachten zu lernen, bestimmt durch ihre konstitutiven Codes; die Bilder in ihrer Ausdruckskraft sowie ihrer semantischen Fülle aufzufassen, bevor sie den Regeln des Storytelling unterworfen werden. Jede Einstellung braucht eigene Zeit und sollte nicht der narrativen Effizienz wegen beschnitten oder vereinfacht werden. Den Regeln des Erzählens sollte kein Vorrang vor der spezifischen Zeit gewährt werden, die jedes Bild fordert. In der Arbeit von Peter Mettler wird genau diese Frage zum Thema, bedenkt man die Ausdauer, über die der Künstler verfügen muss, wenn er Hunderte von Stunden Rohmaterial sichtet, das er zudem jeweils mehrmals durchforstet. Auf diese Weise kann er die ursprüngliche Atmung der behaltenen Einstellungen und gleichzeitig deren Existenz durch Montage im globalen Atmungssystem des Films erhalten.
Wir sehen nicht die Realität, sondern eine Repräsentation, da wir alles in der Form eines geordneten, signifikanten Bildes betrachten. Das Bild wird als Äusserung wahrgenommen, nicht als Ausgangsmaterial, als das es zu behandeln wäre. So ist das Bild nicht etwas Gegebenes, es ist bereits Gedanke.3
Erste Zeit – Gambling, Gods and LSD, Fortsetzung
Eine radikale, nicht wahrnehmbare Überblendung führt uns vom Chaos zum Kosmos, von einem Haufen nicht identifizierbarer Fragmente zu einer üppigen, archaischen Natur. Langsam gleitet man über eine Wasseroberfläche umgeben von Felsen, deren Oberflächen hier mal glatt, da mal rau, dort von Bäumen und Herbstblättern gesäumt ist. Schauplatz vom Anfang der Welt, unberührte Natur, die zum ersten Mal von Blicken durchdrungen wird – so wollen wir es glauben. Ein dumpfer Ton setzt dieses Universum unter Spannung und weckt die Vorstellung, es könnte sich um eine Zeit handeln, in welcher der Mensch noch nicht existiert hatte. Die Kamera kreist losgelöst, spärliche Schnitte konstruieren eine steinzeitliche Atmosphäre, die es gab, bevor die menschliche Geschichte ihren Lauf nahm – so wollen wir es sehen.
Und dann erneut eine Überblendung, in ihrer elliptischen Kraft eines Stanley Kubrick würdig. Mit spektakulärer Leichtigkeit und Entschlossenheit lässt sie die schwarzen Spiegelungen der Bäume auf der glatten Wasseroberfläche verschwinden. Und gleichzeitig, oder eher mit einer leichten Verzögerung am Rande der Wahrnehmbarkeit, erscheint ein milchiges Netzwerk aus dicken, unscharfen Linien, getaucht in ein Crescendo metallischer Stimmen. Eine brüske Verlagerung des Blickwinkels zeigt nun einen klaren Bildausschnitt, gesäumt von kleinen Punkten: Flugzeuge, verknüpft durch Linien, die deren Flugbahnen darstellen. Von der jungfräulichen Ruhe einer unberührten Natur, die von einem eindringlich monotonen Klang durchdrungenen wird, geht es hin zum Kontrollturm des Flughafens von Toronto: Auf diese Weise wird der Übergang von einem Bewusstseinszustand in den anderen mit einer einzigen Bewegung vollzogen.
Peter Mettler schreibt so auf filigrane Weise zu Beginn dieser Geschichte eine Vorerzählung ein, die seinen Arbeitsprozess zum Vorschein bringt. Er vollzieht eine Selbstreflexion seines Vorhabens, das darin besteht, aus dem Realen die Realität hervortreten zu lassen, aus dem Unbedeutenden heraus ein Bewusstsein zu errichten. Eine Erzählung. Die Eröffnung einer Erzählung, die die Struktur eines Kinogebäudes wie etwa jenes von Alexander Sokurow hervorruft, samt Fundament, Türen und Fenster, Geschossen und sogar einem Dach.
Peter Mettlers Film produziert Bilder der Realität, wie er sie fern von jeglicher Idee einer identischen Reproduktion der Welt auffasst. Es ist die Realität seiner Sicht, die im Laufe seiner Reisen zu seiner Wahrheit geworden ist. In Gambling, Gods and LSD entwirft er von Kanada über die Schweiz und schliesslich in Indien einzelne Erzählstränge, die er mit alltäglichen Charakteren bevölkert, die er zu Filmfiguren erhebt. Auch die Landschaften nehmen grossen Raum ein und haben ihren gänzlich eigenen dramaturgischen Status. Weder ein linearer Erzählverlauf noch eine explizite Verknüpfung von Ursache und Wirkung, sondern unvermutete Sprünge, Orientierungswechsel sowie Brüche und Assoziationen machen die verschiedenen Etappen dieser Initiationsreise aus. Die Präzision dieser Konstruktionen spiegelt sich in der Montage jeder Einstellung: Bei näherer Betrachtung kann man sich von der Sorgfalt überzeugen, die der Regisseur beim Finden jeder exakten Einstellungslänge, bei jedem Ausbalancieren der einzelnen Fragmente walten liess.
Eine Erzählung zur Reife zu führen benötigt Zeit – viel Zeit. Und man spürt, wann ein Film zu Ende geht. Es ist dieses Abfallen, das durch den Punkt bestimmt wird, ab dem es für den Zuschauer gilt, Abschied zu nehmen. Der Schluss von Gambling, Gods and LSD ist auch der Schluss der Reise: die gänzlich improvisierte Aufnahme eines dem Ufer entlangrennenden Jungen, der das Boot begleitet, in das Peter Mettler bei Tagesanbruch gestiegen war. Eine einzige Aufzeichnung von Zeit wird hier wiedergegeben. Sie erzählt von jener Begegnung in der Distanz, von der merkwürdigen Aufmerksamkeit, die der kleine Junge jenem Fremden entgegenbringt, der in einem kleinen Boot auf dem Fluss mit der Kamera in der erhobenen Faust vorbeizieht. Er rennt lange, hält kurz inne, läuft wieder los und immer weiter bis zur Spitze der Landzunge. Die Bereitschaft des Regisseurs zeugt von seinem Verhältnis zum Kino. Im Moment des Geschehens macht er sich in wenigen Sekunden ein Bild davon, wie er die berührende Schönheit der Wege des Jungen und des Erwachsenen einfangen kann – parallel verlaufende Wege, die sich nie wieder kreuzen werden und sich doch, durch die Kraft der Blicke des fremden Mannes und des jungen Dorfbewohners, verbinden. Die Begegnung kommt zustande. Und es ist jene rein filmische Zeit dieser Geschichte, die das möglich macht. In der die Erzählung sich selbst schreibt. Die Zeit der Begegnung.
Das Visuelle (das dem Fernsehen essentiell ist) ist das Spektakel, das ein einzelnes Lager von sich selbst veranstaltet, während das Bild (das, worauf das Kino hinausläuft) das ist, das in der Begegnung mit dem Anderen entsteht, und sei er auch der Feind.4
Wie soll man diese Zeit nennen, all diese Zeiten, wenn sie von einer arbiträren Konstruktion herstammen? Diese Zeitkapseln sind von zwangsläufig variabler Dauer. Ähnlich den Ziegelsteinen eines Mauerwerks oder den Planen und Blechen einer Hütte, wo der Bau die gesamte Zeit des Films formen wird, deren Architekt sie ist?
Die bedeutenden Filmemacher des cinéma du réel sind Zeitverkapsler. Ihre unvergleichliche Art und Weise, vorbereitete oder spontane Momente des Lebens einzufangen, geben den einzigartigen, filmischen Augenblicken Form oder Identität. Die Zeitkapseln sind Sinnkapseln. Ihre Realität ist untrennbar mit ihrer mise en scène im weiteren Sinne verbunden. Peter Mettlers Art der Einstellung auf das rennende Kind, seine Wahl von Schärfentiefe und Helligkeit, das Halten der Kamera auf der Schulter und die Entscheidung, nicht aufzuhören zu filmen, bis sich die zwei Figuren nicht mehr sehen können – all das verrät einen Willen, mit einer ausgereiften Vision eine gegebene Situation vollständig annehmen zu können.
Der Filmemacher tritt in diesem Film, in jedem seiner Werke, als Figur auf der Suche nach einem Sinn in der Welt auf. Seine filmischen Reisen zeugen von einer persönlichen Suche. Es sind ästhetische und narrative Versuche, von Natur aus subjektiv und auf eine Weise gewiss auch narzisstisch, so wie es wohl manch kreative Denkbewegung ist, aber es sind auch imaginäre und materielle Gesten zugleich. Glücksspiele, Spiritualität, halluzinogene Drogen und verschiedene Lebenswege nähren die grossen und kleinen Fragen, mit denen seine Filme ausgestattet sind.
Der Essayfilm dokumentiert nicht nur die Reisen und Gedankengänge seines Machers, sondern auch sein eigenes Entstehen. Ein dreifacher Reisebericht. In Anlehnung an die Ethnologin Mary Louise Pratt verwendet Catherine Russell den Begriff «Autoethnografie» für die Gattung der zeitgenössischen Tagebuch- und persönlichen Essayfilme. Denn solche autobiographische Berichte liefern auch eine Standortbestimmung für eine gegebene Kultur, eine Gesellschaft, ein Zeitalter?5
Verlangsamungen – End of Time
Gemäss Theodor Adorno ist dem Essay eine notwendige Häresie inne und die Art und Weise, in der sich Peter Mettler in The End of Time (CH 2012) im CERN für die Aussagen verschiedener Beobachter und Spezialisten des Europäischen Zentrums für Nuklearforschung interessiert, ist im Grunde unzulässig. Kann der Regisseur nicht einfach wissenschaftlich Zweck und Funktionsweisen des Teilchenbeschleunigers erklären anstatt eines indirekten und zwangsweise von den regulären Methoden der wissenschaftlichen Berichterstattung abweichenden Zugangs? Jener erste Teil des Films ist ein Versuch des Eintauchens in einen unermesslichen Kosmos, dessen unerschöpflicher Komplexität niemals ein Film gerecht werden wird. Eine andere Zeit ist hier am Werk: fragmentarisch, bestehend aus Begegnungen, Abschweifungen, in ihrer unentwirrbaren Raffinesse gezeigte Ausstattungen – eine Würdigung der menschlichen Intelligenz, überwältigend in ihrer opulenten Erfindungskraft. Die Bilder aus dem Innern der unterirdischen Installationen sind überwältigend, es ist unmöglich, die Funktionsweisen zu erfassen. Die von Peter Mettler gestaltete Zeit fährt hier zweigleisig: In einer ersten Bewegung wird genügend Zeit zur Verfügung gestellt, um den riesigen Kosmos an versammelter Technik und Kompetenz zu ermessen. Es rieseln keine kurzen Impressionen, die nur gerade Zeit für einen knappen Blick lassen (siehe TV-Einstellungen). Die Zeit lädt ein, alles, was man nicht identifizieren kann, genau anzuschauen, es zu hinterfragen und zu kommentieren. Dann bereitet auch das Nachempfinden der Vorgehensweise des Regisseurs Vergnügen. Wir folgen seinen Schritten, sehen, wie er versucht, Verbindungen zwischen sich, dieser Welt und ihren Akteuren aufzubauen, wie er versucht, seinen Weg zu finden oder einen Pfad zu schlagen, die Kamera stets auf der Schulter. Seine Stimme erklingt aus dem Off, stellt Fragen, unbefangen und pointiert.
Wir sind Zeugen der Vollendung eines filmischen Schreibens auf der Suche nach dem Sinn. Dieser formt sich, sobald Beziehungen hergestellt, einander Blicke zugeworfen werden. Es handelt sich um eine zustande gekommene Verbindung: Der Filmemacher stellt Verknüpfungen her und eröffnet damit eine neue Möglichkeit, den Zusammenhang «real/Realität» zu begreifen. Dieser unterliegt jedoch keiner direkten Verbindung. Die Realität ist lediglich an ein Objekt, an eine Person oder an einen Blick geknüpft. Die sich verbinden und natürlich wieder trennen lässt. Die Verknüpfung, die das Reale in der Realität auftreten lässt, verheisst weder Verbindung noch Harmonie; sie weiss sich alleine durch Konflikt und Spannung zu nähren.
Schliesslich vollzieht Peter Mettler eine bruchartige Verlagerung: vom CERN her, das sich damit beschäftigt, Partikel auf eine Geschwindigkeit hin zu beschleunigen, die den Konditionen der Entstehung der Welt nach dem Urknall entsprechen, hinüber nach Hawaii, um sich geologischen Manifestationen zu nähern, die zugleich urzeitlich als auch aktuell sind. Die Erde ist im Zustand der Eruption, die Vulkane Mauna Loa und Kilauea übergiessen die Erde, erobern neue Oberflächen auf dem Meer, zerstören Städte und Häuser. Es ist faszinierend, immer besser zu verstehen, wie der Regisseur sich Zeit zunutze macht, um jene kolossalen Phänomene in ihren beeindruckenden Dimensionen begreifbar zu machen. Kein pittoreskes National Geographic, wohlverstanden, doch erneut zweierlei Arten der Erfahrung, die der Zuschauer zu machen eingeladen wird: die Entdeckung dieser beeindruckenden Orte als auch die visuelle und akustische Schöpfungsgeste, bei der diese Lavalandschaften in ein anderes Universum versetzt werden.
Peter Mettler konstruiert eine zugleich abstrakte und dokumentierte Zeitlichkeit. Die Geschwindigkeit des Lavaflusses ist hypnotisch, bisweilen scheint sie in einer faszinierenden Verlangsamung zu erstarren, um dann doch wieder Geschwindigkeit aufzunehmen und Unebenheiten zu umhüllen, Hindernisse zu verschlingen. Peter Mettlers Blick ist subjektiv tätig, sein gesamter Körper bleibt, während sich die Erde öffnet, in konstanter Bewegung. Am Rand des Feuerstroms, inmitten dieser fremden – apokalyptischen? – Landschaften. Er erzählt einfach und doch spektakulär von dieser überwältigenden Schönheit, unheimlich und verlockend in ihrer vollkommenen Andersartigkeit. Peter Mettler findet Morbidität und gleichzeitig Sinnlichkeit in der Lava. Formen, die dem menschlichen Leichnam gleichen, der dabei ist, zu erstarren – die Figur des waltenden Todes ist omnipräsent. Und in manchen klaffenden und schwelenden Konfigurationen, wo rote und rosa Töne gewaltsam verblassen, nimmt das glühende Magma die Form einer Vagina an. Der Feuerstrom, der langsam das Mysterium des Geschlechts in die Erde modelliert. In einer Symphonie aus stöhnenden, knisternden und flüssigen Geräuschen wandelt sich die Zeit zu einem erotischen Fluss, getragen von einem Universum eines seltsamen, verschobenen Realismus. Wie viele Monate kostete es den Filmemacher wohl, die Komposition der Tonspur für den Film anzufertigen? Auf jeden Fall kaum weniger Aufwand als bei der Montage der Bilder. Was für ein Wille, die ganzen im Studio aufgezeichneten Töne sowie die anderen, bei Windstürmen, Regen und Lava eingefangen Geräusche als Musik konzipieren zu wollen.
In jenen Bildern der Lavaflüsse, in der Materie der Lava selbst – Laven, könnte man fast sagen, denn sie verfügen über unterschiedliche Härtegrade und Färbungen – werden die unterschiedlichen Zeitflüsse sichtbar. Die Lava steigt aus der Tiefe der Erdgeschichte hoch. Sie ist eine archaische Präsenz, die auf die Zeit der Menschen von heute trifft, die ihre Häuser fluchtartig verlassen müssen. Die Zeit des Kinos wiederum modelliert die Erzählung, die uns von Anfang zu ihrem Ende führen vermag, durch Variationen und unterschiedliche Zeitflüsse.
Es ist cinéma du réel, ein Kino des Realen, der dokumentierten Erfahrung auf einem Gebiet, das schon lange in seiner schöpferischen und imaginären Umsetzung als filmische Erzählung abgehandelt worden ist. Peter Mettlers Lava jedoch ist der Höhepunkt einer Kombination aus unstillbarer Neugier gepaart mit tiefer Reflexion, die der poetischen und politischen Ambition seines Filmes, seines gesamten Oeuvres, den Weg bereitet.
Seit dem grossen Unfall des Atomkraftwerkes ist die Zeit nicht bei jedem in der gleichen Geschwindigkeit vergangen. Man trifft sich zwar, befindet sich aber nicht unbedingt im selben Zeitraum, weil jeder in seiner eigenen Zeit unterwegs ist.6
Im Zeitalter der Gewalt, der metaphysischen Zweifel und der ideologischen Ernüchterungen, die von allen Neos und Posts – Liberalismus, Kapitalismus, Sozialismus, Kommunismus, Konservatismus, Modernismus etc. sowie von Restauration und Renaturierung – nicht bewältigt werden können, lebt der normale Mensch in abweichenden Zeiten. Man sollte sich davor hüten, kollektive und individuelle Zeiten zu vereinfachen und sie möglichst nach ihren Grössenverhältnissen zu unterscheiden. Die grossen Fragen der Welt, oder zumindest die regionalen, sind nicht unbedingt mit örtlichen Sorgen und Problemen in Verbindung zu bringen. Aber auch dadurch bleibt nicht weniger wahr, dass unser Umgang mit der Zeit im Alltag verzettelt ist. Der wichtige Beitrag des Kinos – von gewissen Filmen zumindest – ist es nun, eine von den Zuschauern in ihrem Vergnügen, in Bewusstsein und Affekt- und Denkbereitschaft geteilte Zeit hervorzubringen. Wir sprechen hier von jenen Filmen, die Licht ins Geschehen bringen, Umwege vorschlagen, Gefühle auslösen, das Denken stimulieren, und nicht von jenen des audiovisuellen Marktes, deren Rhetorik im Grunde darauf aus ist, blind zu machen. Es geht darum, jemanden mit einem Film gefangen zu nehmen, und die zeitlichen Mittel, die Peter Mettler in seinen Werken anwendet, vereint seine Zuschauer zu einer Art Gemeinschaft, befristet zwar, doch vielleicht eine Zukunft verheissend.
Zu beiden Seiten der Kluft der Welt, die sich unter dem Namen «Globalisierung» aufgetan hat, ist es eben die Gemeinschaft, die getrennt und sich selbst gegenübergestellt [affrontée] ist.7
Gehen wir einmal davon aus, dass man im Grunde drei Zeiten unterscheiden kann: als Erstes die dokumentierte, studierte, die empfundene Zeit. Hier geht der Filmemacher ins Feld, macht sich seine Schuhe schmutzig und verbeult seine Kamera. Er verliert sich, wie sich auch Peter Mettler über die Jahre verlieren musste, um seinen Weg auf seinen de-organisierten Reisen wiederzufinden. Was diese Zeit betrifft, so sollten beim Zuschauer, was die Authentizität der Bilder betrifft, keine Zweifel aufkommen. Ihre ikonischen Eigenschaften zeigen Unregelmässigkeiten auf, Zufälle, Unvorhergesehenes, die von Georges Didi-Huberman beschriebenen Rinden der Welt, die der Wahrhaftigkeit zugrunde liegen und die die Tatsache untermauern, dass man ihnen Glauben schenken darf. Jene Bilder tragen die Spur jenes ersten Schocks mit den Fundamenten des Realen in sich.
Was diese Zeit im Werk Peter Mettlers betrifft, so atmet sie langsam, im Rhythmus mit dem Puls des Gehenden und in der Tradition des Rousseau’schen Spazierganges – aktiv beeinflusst von Gedanken und Gesten.
Die poetische Zeit ist jene, welche die Feldaufnahme um eine narrative Komponente erweitern kann. Sie ist die Erzählstruktur des Films, deren Konstruktion nicht notwendigerweise linear sein muss, experimentell sein kann und die Zeitkapseln verwirbelt, um schliesslich einer Vision zur Konsistenz zu verhelfen. Die Realität eines CERN und die vulkanischen Eruptionen sind das Resultat einer kraftvollen, interpretativen Umsetzung.
Und dann gibt es die reflexive Zeit, die bei Peter Mettler dann hervortritt, wenn das Innere des vom Film konstruierten Raumes mit dem Bewusstsein versehen wird – als Evidenz, ist man versucht zu sagen, der im Begriff zu entstehenden Schrift (im Gegensatz zu Schriften der Transparenz). Der Gebrauch der Zeitlupe funktioniert in den Filmen von Peter Mettler insbesondere als Metapher für die Mittel, die er einsetzt, um auf die Maschinerie des Kinos in Aktion aufmerksam zu machen. Wie oben bereits erwähnt, geht es um die mises en abyme des sich ausbreitenden Spektakels, das seine Methode derart etabliert, indem es gewissermassen, durch eine versetzte, schräge Art, die Gesamtzeit des Films verdoppelt. Genauer gesagt löst die Zeitlupe die Realität in neue Bestandteile auf, die sich ihrerseits wiederum in der sie tragenden Architektur auflöst.
Verlangsamung, Stillstand der Zeit – eingefrorenes Bild: Die grosse Leistung des Kinos ist, wenn man sie schliesslich sich wieder beschleunigen sieht, wenn Verbindungen zwischen dem Unbewussten und der Erinnerung geknüpft werden. Peter Mettler versucht in seinen grossartigen Reisefilmen versetzte Zeiten zu schaffen, gemacht aus Temporalitäten, deren Art und Weise seinen persönlichen, privaten Erfahrungen entsprechen und deren Ursprünge dort zu finden sind, wo er auf der Suche ist.
Besonders zu beachten ist, dass Peter Mettlers Begabung, mit der Zeit zu spielen, nicht einzig auf technischer Manipulation beruht, die es erlaubt, die Zeit der gefilmten Bewegung zu verlangsamen oder zu beschleunigen. Es ist die Aufzeichnung der Bilder selbst, die in ihrer Geschwindigkeit, analog zur Universalzeit des Gefilmten, die verschiedenen Temporalitäten einzubringen vermag. Er schafft es – im Vergleich zur normalen Zeitwahrnehmung –, der Dauer seiner Einstellungen, seinen leicht bewegten oder auch starr fixierten Bildausschnitten sowie überraschenden Kamerabewegungen versetzte Rhythmen zu verleihen. Seine Bilder, die wie ein gemeinsam bewegter Organismus funktionieren, fliessen perfekt im Einklang mit der Kamera. Sie sind spontan, improvisiert und zugleich ergründet, klar definiert. Sie sind Zeuge seiner Offenheit gegenüber dem Realen und jene bemerkenswerte Energiekonzentration, die darauf verwendet wird, Fragmente so zuzuschneiden, dass sie am Ende des kreativen Prozesses Sinn ergeben.
Diese filmischen Zeiten lösen durch den Einsatz von Dauer Verfremdungseffekte aus. Diese kommen dadurch zustande, dass man sich dieser Zeit aussetzt, die man zu teilen eingeladen ist, die verschieden ist von unserer eigenen sozialen Zeit, die wir hinter uns lassen, um uns jener des Films auszusetzen. Fremde Zeiten, die Distanz schaffen, um in den zeitlichen Konfigurationen Fuss zu fassen, die den Filmen eigen sind.
Die gemalten Dinge können auch der Sabotage dessen dienen, das zu sanft ist oder vorgibt, abgeschlossen zu sein: das Fleisch der gemalten Körper ist übersät von Fasern und Haaren. Sie verschwören sich auch permanent gegen jeden Raum oder jede uniforme Perspektive. Dinge werden zu Trugbildern. Ein Himmel kann aufgetragen werden wie eine Suppe, Erdoberflächen im Regen können so wenig Konsistenz haben wie das Geschmier auf einer Fensterscheibe.8
Die Versuche – Petropolis
Petropolis (Peter Mettler, CH 2009) ist der Archetyp jenes Fremdheitsgefühls, das die Zuschauererfahrung ausmacht. Vom Himmel her, aus der Distanz, erkundet der Film die Weiten von Alberta, im Westen Kanadas. Die Kamerafahrten enthüllen nach und nach eine grosse ökologische Katastrophe. Der Schock wächst exponenziell, weil schrittweise immer klarer wird, dass eine weite und wilde Naturlandschaft vollständig zur systematischen Ausnutzung ihrer Ölsande freigegeben wird. Wir erleben einen Trancezustand, ausgelöst durch Peter Mettlers Einstellungen, deren Dauer es erlaubt, das ganze Ausmass der Katastrophe zu ermessen. Hier gibt es keine unangebrachten, elliptischen Schnitte! Petropolis bietet keine Identifizierungsmöglichkeit der verwendeten Zeit an. Handelt es sich um die normale Zeit, (die «universelle Zeit»), um eine verlangsamte Zeit (aber im Verhältnis zu welcher Ablaufgeschwindigkeit als Referenz?), um eine andere Zeit, gemacht aus Dehnungen und Kontraktionen, um komplexe und verworrene Zeiten, imaginäre, geträumte Zeiten? Die Antwort gibt der Film selbst, indem er seine eigene Zeit erschafft, poetisch und politisch. Denn jene gezeigte Zeit prangert das Zuviel an. Die Weite dieser verwüsteten und grotesk verschmutzter Gebiete übersteigt das Verständnis. Eine Dringlichkeit stellt sich ein – man soll sich die Zeit nehmen, um wirklich zu schauen.
Petropolis beginnt damit, dass man sich Zeit für das Ermessen des dargestellten Phänomens nehmen soll. Wir machen die Erfahrung einer beginnenden, verstörenden Zeit, die nach dem Rhythmus von Mettlers Uhrwerks läuft. Die verwunderte Zeit.
In gewissen Filmen und zu gewissen Momenten, wie bei Peter Mettler, schwappt die Zeit über ins Unendliche. Die Zeit, die per Definition ins konstant bleibende Unendliche läuft, entspricht dem verspürten Gefühl: Die Zeit verewigt sich, wird aufgehoben – so wollen wir es im Eifer des Moments glauben – für immer. Die Unendlichkeit wäre also ein Staubpartikel von einer solchen Dichte – ein Zeitklumpen –, dass sich uns eine andere Weltwahrnehmung aufdrängt. Gleichsam ein persönlich erlebter Urknall auf einer Kleinstfläche. Man sollte zurück zu den Wissenschaftlern im CERN, um sie auch an diesem Blick auf die Zeit teilhaben zu lassen.
Gilles Deleuzes Kristallbild wäre genau ein solches, eines, das verschiedene Zeiten vereint, Vergangenheit wie Gegenwart aufzeigt, gemacht aus der Begegnung verschiedener Elemente, aus Erfahrungen, die sich gegenseitig nicht ausschliessen, und aus projizierten Erinnerungen auf die Weltgegenwart. In den Bildern Peter Mettlers treten Zeitlichkeiten auf, die in feinen Dialektiken zusammenprallen – ähnlich den Partikeln im CERN-Beschleuniger –, um sich am Ende zu jener Zeit zu formen, die kein einfacher linearer Fluss mehr wäre, sondern eine singuläre und polyseme Entität, gebildet in unaufhörlichen Spiegelungen. Diese Filme tragen die Erzählungen in verschiedene Richtungen; sie sind zwischen Vergangenheit und Zukunft aufgespannt, sind voller Zufälle, Rückpralle, Überraschungen, Schocksituationen und Harmonien…
Ein Gönner von geteilter Zeit, radikal getrennt vom audiovisuellen Strom – das ist Peter Mettler mit seinem kinematografischen Werk. Wir haben kaum über den Zuschauer gesprochen, aber es sollte deutlich sein, dass ein jeder zu diesen Reisegeschichten eingeladen ist. Sie ähneln den Gärten, die zwar umzäunt sind, jedoch in deren Innern jegliches Umherstreifen erlaubt ist, jegliche Faszination und Abscheu, Freude und Angst, jegliche ästhetischen und intellektuellen Emotionen kommen zusammen, vermischen sich, werden allerdings nie miteinander verschmelzen. In diesen offenen Räumen schafft sich der Zuschauer seine eigene Zeit, eignet sich jene Zeit an, die im Film entsteht. Verschachtelung von Zeit, Austausche und Brüche. Es gibt Zäune um die Gärten? Gewiss, nämlich jene der zeitlichen Begrenztheit von Filmen, erfasst in Minuteneinheiten.
Und es ist sicherlich kein Zufall, dass anderswo diese Filme und die Zeiten, deren Entwerfer sie sind, ihre hors-champs hervorrufen, das Ausserhalb der kadrierten Bilder. Die Erzählungen entfliehen ihrer filmischen Schubladisierung. Die Filme drehen sich, drehen sich um zur Welt, um in ihr das Reale zu verzaubern, Gewalten zu hinterfragen, Missbräuche zu verabscheuen, von ihrer Schönheit zu singen, Utopien fruchtbar zu machen. Und es sind zweifellos die Filme, zu denen wir zurückkehren, um Atem zu schöpfen, in denen wir jene äusserste, ermutigende Erfahrung von Heterotopie machen. Diese erschafft eine Vision der Welt aufgrund von heilsamen Herausforderungen der etablierten Ordnungen.
Erste Male zum Versuch
Peter Mettler versucht sich an der Welt, oder besser gesagt: Er stellt jene Gebiete des Realen zum Versuch an, derer sich die Kinomaschine bemächtigt, von welcher eher gesagt wird, dass sie sich Bilder nimmt, und weniger, dass sie die Bilder erzeugt. Er geht Risiken ein, macht Vorschläge, deren Legitimität in Beziehung zum künstlerischen Prozess, zur Feinheit der Inspiration und zur Sicherheit der Intuition steht. Es ist ein Erkennungs- und Erfindungsprozess. Die vom Filmemacher ausgeführten Versuche lassen den Zuschauer neue Szenen entdecken. Es geht Mettler nicht darum, Methoden der Zeitaufnahme zu übernehmen, dem die etablierten narrativen Strukturen des Audiovisuellen untergeordnet sind. Seine Geschichten sind nicht aus oberflächlicher Schicht gemacht, sondern aus Erzählfragmenten, entstanden durch die Konfrontation mit der Welt. Mit – nicht auf – ihr. Diese Versuchsarbeit wird auf eindrucksvolle Art bei jeder einzelnen Bewegung wieder hinterfragt. Er montiert und demontiert ganze Nächte lang, um das Werk bei Tageslicht fortzusetzen, manchmal mit weit aufgerissenen Augen. Solch wochen- oder monatelange Reisen sind jene, die gemäss Nicolas Bouvier den Menschen formen und deformieren. Im Feld, im Wesentlichen alleine und auf der Suche nach Verfügbarem, und dann im Bild- und Tonschnittraum, werden die notwendigerweise fragilen Errungenschaften im Laufe eines sehr langen Reifeprozesses be- und hinterfragt. Das kann am Ende mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Er gelangt zu einem Sein auf der Welt, das auch ein Sein im Kino ist, durch das seine Filme versuchen, von einer Zeit zu berichten, die sich radikal vom Sehen, vom Schauen und Hintersinnen entfernt hat. Die Filme testen sich an Arbeitsphasen, die jede für sich der Kommentar, die Verlängerung, die Kritik des anderen ist – in jedem Sinne (bei ihm gibt es keinen klassischen Ablauf der Filmherstellung, was die zeitlich hierarchisierten Schritte betrifft: Dreh, Montage, Postproduktion; er schafft es, wieder-zu-filmen, wieder-zu-schneiden, wieder-zu-schreiben, wieder-zu-lesen, sein Wissensfeld wieder-zu-erweitern, wieder-zu-reisen). Es ist eine Methode, die aus tausend qualitativen Sprüngen aufgebaut ist. Voll von kleinen und grossen Entscheidungen, was wohl am besten, am einfachsten und auch am komplexesten zu zeigen wäre. Der Versuch von Peter Mettler ist, der Welt ihre augenscheinliche Komplexität und unnachgiebige Andersartigkeit sichtbar zu machen. Zusammen mit dem Zuschauer erschafft er erste Male mit dem Ehrgeiz eines Demiurgen, passend zum beharrlichen Künstler-Handwerker Peter Mettler. Faszinierende Bilder, notwendigerweise beflügelnd, skandalös im guten Sinn, die eine poetische und politische Erfahrung von unserem Bewusst-Sein der Zeiten des Lebensflusses schaffen.
Übersetzt von Suzana Rozkosny und Dominic Schmid.