«Es wird viel ans Licht kommen», meint die Mutter, Hedy Liechti, zu Beginn des Films. Während die Eltern des Filmemachers in Hans im Glück nur kurz und fröhlich putzend zu sehen waren, widmet ihnen Peter Liechti nun einen ganzen Film. Das «schwarze Schaf» der Familie, der schon immer rebellierende Sohn, will nun mehr über seine 80-jährigen Eltern und damit auch mehr über sich selbst erfahren. «[H]eute ertappe ich mich immer öfter dabei, wie ich ihre, die «alten Werte» verteidige gegen die Vulgarität des zeitgenössischen Materialismus», erklärt Liechti in einem Interview zum Film sein Interesse für die Vergangenheit seiner Familie. Der autobiografische Dokumentarfilm ist auch die Geschichte einer Generation genügsamer, rechtschaffener und ordnungsliebender Schweizer, die nicht mehr lange Teil dieser Gesellschaft sein wird.
Auch wenn Liechti seinen Eltern über weite Strecken des Films mit Respekt begegnet, so wirkt doch bereits der Untertitel leicht zynisch, denn was sich als Gesamtbild der Ehe ergibt, ist vor allen Dingen durch Distanz und die ungebrochene Dominanz des Vaters geprägt. Danach gefragt, wer im Haushalt bestimmt, muss er zugeben, dass sie zwar miteinander reden, die Entscheidung aber in jedem Fall er fällt.
Zwischen die dokumentarischen Aufnahmen sind Szenen eines Puppentheaters eingefügt: die Eltern als Hasenpuppen, die an die Zeichnungen in Art Spiegelmans Graphic Novel Maus erinnern. Die nachgestellten Unterhaltungen wirken zunächst befremdend, erweisen sich jedoch als cleverer Schachzug, denn sie verdeutlichen in pointierten anachronistischen Aussagen die Bedeutung des Films als Porträt einer aussterbenden Generation.
Im titelgebenden Garten findet der Vater sein Reich, seine Zuflucht vor der Familie. Reisen wollte er nicht, obwohl es sich die Frau so gewünscht hätte. So zeichnet sich im Vergleich mit dem fröhlichen, im Leben erfolgreichen und kommunikativen Vater ein eher tragisches Bild der Mutter, die auf vieles verzichten musste. Im Alter hat sie dennoch das Gefühl, ihren Max zu lieben. Und sie liebt Gott. In der täglichen Bibellektüre und im Bibelkreis findet sie Erfüllung. Die Religiosität verbindet sie auch mit ihrer Tochter. In den Szenen, in denen Mutter und Tochter Bibelstellen auslegen, zeigt sich Liechtis Haltung diesem Treiben gegenüber wohl am deutlichsten: Was die Schwester sagt, wird ausgeblendet und mit dissonanter Musik unterlegt, zudem schlägt die Liechti-Puppe, die an die traditionelle Kasperfigur erinnert, ungläubig den Kopf auf eine Tischplatte. In dieser Szene wie auch in einer Montagesequenz, in der die Eltern beim genüsslichen Fleischverzehr nicht gerade vorteilhaft gezeigt werden, kommt Unbehagen in Bezug auf das Machtverhältnis zwischen dem Filmemacher und seinen Protagonisten auf. Vaters Garten ist dennoch ein bewegender, einfühlsamer und auch unterhaltsamer Film.