Die Kamera schwebt über Barcelona, auf die «Sagrada Família» zu, den Temple Expiatori de la Sagrada Família, und aus dem Off hört man einen Erzähler vom Glauben seiner Kindheit sprechen: «Kathedralen waren die Häuser Gottes auf Erden. Hier wohnte er. Sie waren immer schon da, immer schon erschaffen und gebaut.» Auch die Sagrada ist ein Bau für die Ewigkeit. Allerdings einer, an dem nach wie vor gearbeitet wird. Seit hundertdreissig Jahren. Der eigenwillige Bau war das grösste Projekt des katalanischen Architekten Antonio Gaudí. Er hat eine turbulente Baugeschichte hinter sich. Nach Phasen des Stockens wird heute wieder intensiver daran gearbeitet. Und dennoch – selbst in einer Zeit, in der ganze Städte in wenigen Jahren hingeklotzt werden, ist nicht absehbar, wann diese Kirche fertig gebaut sein wird.
Von der Faszination für dieses Bauvorhaben und dessen Ewigkeitsanspruch, der aus vergangenen Zeiten zu stammen scheint, lässt Stefan Haupt sich leiten – genauso wie die meisten am Bau beteiligten Protagonisten, die im Film zu Worte kommen. Da ist der japanische Bildhauer Etsuro Sotoo, der die Statuen der Geburtsfassade schafft und der zum Katholizismus übergetreten ist, weil man, um an diesem Werk zu arbeiten, nicht auf Gaudí blicken könne, sondern mit ihm schauen müsse. Josep Maria Subirachs hingegen, der mit der Passionsfassade beauftragt ist, hält an seinem Agnostizismus fest und ist der Meinung, die eigene Religiosität habe nichts mit der Arbeit zu tun. Doch auch bei ihm, so gut wie bei allen Projektleitern, Architekten und Ingenieuren, ist eine fast schon religiöse Hingabe an dieses Bauwerk zu spüren. Ein Vorarbeiter spricht vom «anonymen Stolz», an dem Werk zu arbeiten.
Nicht unumstritten allerdings ist die Art und Weise, in der Gaudís Ideen – die zum Teil nur noch in Zeichnungen von Modellen erhalten sind, da vieles im Laufe der Zeit verloren ging – umgesetzt werden. Diese negativen Stimmen klingen im Film an, erhalten jedoch eher wenig Raum. Stellvertretend äussert sich der Architekt David Mackay. Der allerdings findet klare Worte und scheut selbst den Vergleich mit Disneyland nicht.
Stefan Haupt, «weder Katholik noch Katalane», wie er selber sagt, zeigt die überhöhte Seite, die Religiosität und Patriotismus hervorruft, so gut wie die profane, doch die sakrale erhält nur schon dadurch stärkeres Gewicht, dass man im Film etwas sieht, was Barcelona-Reisende nie zu Gesicht bekommen: die Sagrada Família ohne Touristen. Und dann ist da noch die Kamera von Patrick Lindenmaier, der sich genauso wie Haupt von der sakralen work in progress faszinieren lässt und die Baustelle so grandios wie die fertigen Teile inszeniert.