«Alle kommen am Montag erholt ins Büro, nur ich bin leichenblass!» Tim, ein erfolgreicher Mittdreisssiger, stürzt am Wochenende regelmässig ab. Er geniesst seinen «kontrollierten» Kokskonsum und hofft, dass er bis zu seinem Tode so weitermachen kann. Die Droge für eine Beziehung aufgeben würde er nie. Tim führt ein Leben auf der Überholspur und muss im Büro schon mal vierzehn Stunden durcharbeiten. Da hilft es, auf der Klobrille eine Linie Koks zu ziehen, und schon funktioniert das Hirn wieder – er sieht klar, ist leistungsfähig, cool.
Der Filmemacher Marcel Wyss verbirgt das Gesicht seines Protagonisten nicht mit den gängigen Verfremdungseffekten, sondern animiert Tims Kopf kunstvoll mit von Hand gezeichneten Illustrationen von Rodja Galli. Tim kriegt so einen anonymisierten, gut aussehenden Yuppie-Look mit Sonnenbrille. Die Kamera fängt das Hochgefühl des Koksers mit visuell stimmigen Bildern ein: Zeitraffer des urbanen Stadtgewimmels, verschwommen tanzende Verkehrsampeln, ein flammender Carajillo in einem düsteren Tanzklub und ein psychedelisches Sounddesign vermitteln einen salonfähig gewordenen Lebensentwurf, der von Erfolg, Schein und Who-is-who-Anlässen geprägt ist. Wer heute gut verdient, kann sich Koks problemlos leisten. Man ist ein bisschen cooler, schneller, wacher, und in diesem Sinne passt die Gesellschaftsdroge sehr zur heutigen Zeit, sinniert der melancholisch verlebte Clown Marco Morelli, der früher gerne mal vor einem Seiltanz eine Linie zog, aber heute die Finger vom weissen Staub lässt. Man dürfe die Partydroge indes keinesfalls verteufeln, so Morelli, sondern müsse die Sonnenseite ebenfalls enttabuisieren.
Wyss, der sich schon 2005 in seinem Kurzfilm Nach dem Fall filmisch mit der Heroinsucht seinen Bruders auseinandersetzte, geht auch in Work Hard, Play Hard behutsam und ohne moralischen Zeigefinger an sein medial stark vorbelastetes Thema heran. Emotional bleibt Wyss aber seinen Subjekten gegenüber auf Distanz, und so bleibt das Doppelporträt – nicht zuletzt aufgrund der arg geschwätzigen Protagonisten – zu sehr an der Oberfläche und schrammt mitunter knapp an der Faszinationssymbolik von fiktiven «kritischen» Drogenthrillern wie Fear and Loathing in Las Vegas vorbei. Mit der tickenden Ästhetik von Uhrzeit-Zwischentiteln vermittelt Wyss (der das weisse Pulver im Selbstversuch getestet hat) das rastlose Lebensgefühl der Kokser, und man ist überrascht, wenn dann die Milieustudie mit einer etwas forcierten «Zmörgele»-Szene zwischen den ungleichen Protagonisten nach 40 Minuten abrupt zu Ende ist.