STEFAN STAUB

OPÉRATION CASABLANCA (LAURENT NÈGRE)

SELECTION CINEMA

Opération Casablanca ist kein Film für Zuschauer, die gern gemächlich in eine Geschichte eintauchen. Bereits in den ersten Minuten geht es Schlag auf Schlag: Nach seiner Entlassung als Tellerwäscher wird der liebenswerte Pechvogel Saadi (Tarik Bakhari) in einem Wald in der Nähe von Genf unfreiwilliger Zeuge einer Geiselnahme. Ehe er sichs versieht, steht er im Verdacht, den Generalsekretär der Verein­- ten Nationen entführt zu haben. Der Deutschschweizer Inspektor Glauser (Gilles Tschudi) und die japanische Agentin Isako (Elodie Yung) nehmen Saadi in die Mangel, doch dann geht ihnen der Top-Terrorist «Youssef» ins Netz, und die beiden müssen ihren Verdacht fallen lassen. Die Entführer wollen Youssef freipressen. Weil sich dieser aber in der Zelle das Leben nimmt, muss der unbedarfte Saadi stattdessen als Lockvogel für den Gefangenenaustausch herhalten. Die Entführer selbst haben ihren Anführer noch nie zu Gesicht bekommen und fallen auf die Maskerade herein. Saadi wird unversehens zum Kopf einer Terrorzelle.

Nach seinem Debütfilm, dem Drama Fragile (2006), hat Laurent Nègre mit Opération Casablanca eine temporeiche Agentenkomödie voller schräger Situationen inszeniert. Im Unterschied zur ähnlich gelagerten Terrorismus-Groteske Four Lions spielt Opération Casa­blanca sein satirisches Potenzial jedoch nur ansatzweise aus. Hier finden sich dann aber auch gleich die stärksten Momente: Köstlich, wie Saadi den beiden tumben Dschihadisten weismacht, dass Osama Bin Laden sowohl Rechts- als auch Linkshänder sei, oder wenn er zu seiner eigenen «Tarnung» mit Burka und Sprengstoffgürtel durch die Stadt läuft und eine Gruppe Skinheads erschreckt.

Statt das Spiel mit den kulturellen Klischees aber wirklich auszureizen, setzt Opération Casablanca immer wieder auf Slapstick-Einlagen und erinnert dabei mitunter stark an die Pink Panther-Verfilmungen von Blake Edwards. Dass der Plot hierbei trotz Klamauk nie ins Lächerliche abdriftet, ist vor allem dem Figurenensemble zu verdanken, das bis in die kleinsten Nebenrollen zu überzeugen vermag. Der zum Islam konvertierte Kanadier, der vehement darauf besteht, dass er aus Québec und eben nicht aus Kanada stammt, ist zudem ein gutes Beispiel dafür, wie ein Koproduktionsland originell in eine Spielhandlung mit eingeflochten werden kann.

Trotz allem ist Opération Casablanca leider nicht durchwegs gelungen. Das hohe Tempo, das der Film anschlägt, und sein Hang zum Klamauk tun der Story auf Dauer nicht gut. Die turbulenten Actionszenen nutzen sich ab, und die satirischen Elemente verlieren zunehmend an Biss, sodass selbst das potenziell bedrohliche Finale zuletzt ziemlich harmlos daherkommt.

Stefan Staub
*1980 in Bern, studierte Publizistik, Film­wissenschaft und Sozialpsychologie an der Universität Zürich. Zweieinhalb Jahre Promotion und Pressearbeit für Frenetic Films. Fortbildung an der Drehbuchwerkstatt München (2010/11), war in verschiedenen Funktionen für die Internationalen Kurzfilmtage Winterthur und die Solothurner Filmtage tätig, arbeitet seit 2014 als freischaffender Drehbuchautor und ist seit 2016 Mitglied der CINEMA-Redaktion.
(Stand: 2019)
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