Bern um die Jahrhundertwende. Auf dem Schwingfest lernt der junge Coiffeur Kari die Fabrikantentochter Annemarie kennen. Das Herz des zierlichen Mädchens aus gutem Hause erobert der schlagfertige Coiffeurmeister mit der Hasenscharte im wahrsten Sinne des Wortes im Fluge, und bald schon entwickelt sich zwischen dem ungleichen Paar eine schüchterne Romanze. Sie schmieden Hochzeitspläne, und Kari kann sein Glück kaum fassen. Doch die Standesdünkel der Familie Geiser machen der zarten Liebe einen Strich durch die Rechnung, und Dällebachs Leben nimmt jene tragische Wende, die ihn für immer prägen wird.
All dies erzählt der Film in mehreren Rückblenden aus der nostalgischen Perspektive eines gebrochenen Mannes, der sich ein letztes Mal an den «schönsten Sommer seines Lebens» erinnert. Mit viel Liebe zum Detail entführt Xavier Koller den Kinozuschauer dabei in das malerische Bern der Jahrhundertwende. Ausstattung und Kostüme sind so stimmungsvoll und prächtig, wie man es sonst nur aus Hollywood-Produktionen kennt. Und auch bei der Sprache haben die Macher genau hingehört. Gekonnt wurden typische Berner Ausdrücke in die Dialoge eingeflochten, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Der flüssige Schnitt und das sorgfältig gesetzte musikalische Grundthema tragen weiter dazu bei, dass ein Eintauchen in diese nostalgische Welt gelingt.
Die grosse Stärke des Filmes ist es aber, dass er seine Liebesgeschichte ernst nimmt und den intimen Szenen zwischen dem von Nils Althaus und Carla Juri überzeugend gespielten Liebespaar entsprechend viel Raum lässt. Die Regie verzichtet hier weitgehend auf Musik, und auch die Kamera stellt sich ganz in den Dienst der Darsteller. Oft geht sie in diesen beinahe kammerspielartigen Szenen so nah ran, dass es fast schon wehtut. Ein Höhepunkt in dieser Beziehung ist Karis Besuch bei der Familie Geiser, wo die bittere Komik der Tragödie konsequent auf die Spitze getrieben wird.
Xavier Koller, der mit diesem Film die 47. Solothurner Filmtage eröffnete, hat bewusst darauf verzichtet, eine Art Remake von Kurt Frühs Dällebach Kari zu inszenieren. Er bezieht sich bei seiner Fassung vielmehr auf das Theaterstück von Livia Anne Richard. Und obwohl Koller die Umsetzung gut gelingt, wünschte man sich manchmal, er hätte sich bei der Zeichnung der Hauptfigur stärker an seinem filmischen Vorgänger orientiert. Eine kantigere Charakterisierung mit einer stärkeren Betonung von Karis destruktiver Seite hätte den Protagonisten gestärkt und letztlich interessanter gemacht. Trotzdem – die Balance zwischen Ausstattungskino und intimen Szenen funktioniert, und die Liebesgeschichte, die in ihrer altmodischen Art etwas erfrischend Anachronistisches hat, verfehlt ihre emotionale Wirkung nicht.