Aserbaidschan: Nach der Scheidung ihrer Eltern fällt Sabina das Los zu, mit ihrer Mutter in die Schweiz zu ziehen, während ihre Schwester Narmina bei ihrem Vater in Baku bleibt. Nach fünf Jahren im Ausland kehrt Sabina nach Aserbaidschan zurück. Sie ist nun 17 Jahre alt. An diesem Punkt setzt der Film ein. Sabina möchte bei ihrem Vater, dem Riesen mit den braunen Augen, bleiben. Der will wieder heiraten und versucht dies seiner Tochter beizubringen. Schwester Narmina muss sich währenddessen von ihrem Freund Kerim verabschieden, der für ein Jahr in den Wehrdienst eingezogen wird. Der Film zeichnet das Bild einer Jugendlichen am Scheideweg, hin- und hergerissen zwischen zwei Welten.
Gleich von Anfang an stellt sich bei diesem Film die Frage: Ist dies wirklich ein Dokumentarfilm? Die Licht- und Kameraführung ist hochstilisiert, die Einstellungen wirken ikonografisch komponiert, wie dies sonst nur bei Spielfilmen üblich ist. Liest man auf der Website der Regisseurin nach, so wird einiges klarer: Die Geschichte ist wahr, die Protagonisten spielen sich selber, doch sind die Szenen inszeniert und mit den Filmemachern abgesprochen. So entsteht ein poetischer Mix zwischen Fiktion und Realität. Gefilmt wurde in gerade mal 18 Drehtagen in Aserbaidschan. Die Reise Sabinas in ihre Heimat wird zu einer Suche nach ihren Wurzeln, ist geprägt von der Unsicherheit über ihre Zukunft. Oft liefern die Filmemacher klar als inszeniert erkennbare Szenen, zum Beispiel wenn Sabina auf ihrem Bett liegt und döst, ihre Schwester sich über sie beugt und ihr ins Ohr flüstert. Dann gibt es Momente, in denen wiederum der dokumentarische Charakter mehr hervortritt: Wenn Sabina etwa mit den Grosseltern über die Vergangenheit spricht und eine Authentizität entsteht, die nicht gestellt werden kann. Durch die durchgehend gleichbleibende Bildästhetik von kontrastreichen, weich ausgeleuchteten Bildern vermischen sich die Kategorien Fiktion und Dokumentation. Hofer hat mit He was a Giant with Brown Eyes einen bestechenden, ungewöhnlichen Film geschaffen, der durch seine Unkategorisierbarkeit fasziniert.
Die Regisseurin hat die Erfahrung des Hin-und-hergerissen-Seins zwischen zwei Kulturen selber erlebt: Sie wurde in der Schweiz geboren, ihre Mutter stammt aus dem Libanon. Seit 2003 realisiert Eileen Hofer Dokumentar- und Kurzspielfilme. In Le deuil de la cigogne joyeuse (2009) zeigt sie das einschneidende Erlebnis erzwungener Emigration wegen des Kriegs im Libanon. In Soap Opera in Wonderland (2010) erzählt sie die ungewöhnliche Liebesgeschichte eines portugiesischen Emigranten, der als Hase verkleidet auf Geburtstagspartys arbeitet und sich in eine philippinische Haushaltshilfe verliebt.