Ritsch ratsch, ein Sprung im Blumentopf. Langsam zwängt sich eine Wurzel durch die Lücke. Die gehört nicht einer Pflanze, sondern einem Mann im Blumentopf. Nach kurzer Einschätzung der Lage hüpft er zu seinem Mantel, zaubert daraus einen Hut hervor und macht sich auf den Weg. Klonk, klonk, klonk. Im Mantel versteckt ist auch eine lange Leiter und so gelangt der Blumentopfmann bald auf eine höhere Ebene. Dort zerschlägt er seinen gesprungenen Topf und gräbt für seine Wurzeln ein Loch. Jetzt muss nur noch der Niederschlag kommen. Und wenn der Regen auf sich warten lässt, dann wird eben ein wenig nachgeholfen.
Nach Ely & Nepomuk (CH 2000), dem Abschlussfilm der Videofachklasse an der École Cantonale d‘Art de Lausanne, und Herr Würfel (CH 2004), für den er an den Solothurner Filmtagen 2005 den Nachwuchspreis für den besten Trickfilm erhielt, ist Flowerpots der dritte etwas längere Animationsfilm von Rafael Sommerhalder – zwischendurch entstanden immer wieder 10 bis 30 Sekunden lange Arbeiten. Setzte er bei den vorherigen Werken auf 2D-Computeranimation, kam für Flowerpots zum ersten Mal die klassische Handanimation zum Einsatz. Ansonsten lässt sich die Gestaltung und die Form von Flowerpots als Reduktion aufs Notwendigste beschreiben: keine Farben, keine Erzählstimme, keine Musik.
Was bleibt, ist das sichere Gespür für das Timing, für den gefühlvollen Rhythmus der Handlung, mit dem in diesem Fall der Mann mit dem besonderen Schuhwerk über die Leinwand gehüpft wird. So simpel die einzelnen Striche wirken, so perfekt kontrolliert Sommerhalder durch die Aufteilung der Flächen und durch kurze Pausen die Stimmung. Da reicht manchmal ein kurzes Blinzeln der Figur oder ein Blubbern im Wasser, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Wesentlicher Bestandteil ist dabei auch das wirkungsvolle Tondesign. Durch das Jammern des Windes und das Geklimper im Mantel, das fürchterliche Krachen des Donners und das heftige Prasseln des Regens öffnet sich eine weitere Dimension.
Sommerhalder spielt in dieser verschmitzten Fantasie über das Wachstum und den steten Zyklus des Lebens mit den überraschenden Momenten der Animation. Eine wahre Wunderkiste ist dabei der Mantel des Blumentopfmanns, in dem er die unmöglichsten Gegenstände verstaut hat, neben der Leiter auch noch einen Hammer, einen unendlich langen Stab (um die Wolken anzustupfen), einen Wecker oder eine Sauerstoffflasche mit Tauchermaske. An den Solothurner Filmtagen 2009 wurde Flowerpots im Trickfilmwettbewerb Suissimage SSA mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.