Im Kino kommen Kinder normalerweise zwar unter dramatischen Umständen, dafür aber sehr rasch zur Welt. Wer Geburten nur aus Hollywoodfilmen oder Fernsehserien kennt, stellt sich darunter ein hektisches Spektakel vor, in dem Mediziner und nicht die werdende Mutter und ihr Kind im Mittelpunkt stehen.
Im Dokumentarfilm Geburt von Silvia Haselbeck und Erich Langjahr lernen wir, dass es bei der Geburt eines Kindes um etwas ganz anderes geht. Wir nehmen an zwei Schwangerschaften teil, sehen Geburtsvorbereitungskurse und medizinische Untersuchungen, die aber nie auf abgehobene Weise klinisch daherkommen, sondern bei denen immer das Interesse für den Zustand des neuen Lebens im Mutterbauch im Zentrum steht.
Man staunt über den Mut und die Stärke der porträtierten Mütter, die einen so unverkrampft und selbstverständlich an ihrer Schwangerschaft teilhaben lassen, dass man sich als Zuschauer nie als Voyeur fühlen muss. Man staunt aber auch über Silvia Haselbeck und Erich Langjahr, denen es offenbar gelungen ist, ein solch vertrauensvolles Verhältnis zu den porträtierten Familien aufzubauen, dass die Familien sicher sein können, dass die Kamera die von ihnen gesteckten Grenzen nicht überschreiten wird. So begleiten wir die Familien bis zur eigentlichen Geburt. Und obwohl diese Aufnahmen nicht ganz ohne Effekthascherei auskommen, fühlt man sich als Zuschauer doch in diesen Momenten den Familien sehr nahe und hofft und bangt mit ihnen, dass auch ja alles gutgehen möge.
Positiv an Geburt ist der fast gänzliche Verzicht auf Kommentar. Weder erklärt eine Off-Stimme, wie man jetzt das Gesehene einzuordnen hat, noch kommentiert eine Mutter explizit ihren Zustand. Die Frauen versuchen ihre Schwangerschaft so zu gestalten, dass sie sich möglichst wohl fühlen und schon während der Schwangerschaft eine Beziehung zum noch ungeborenen Kind aufbauen können. Ebenfalls erfreulich ist es, mitzuerleben, wie eine verständnisvolle Hebamme sich in der Geburtsvorbereitung auch Zeit dafür nimmt, den Vater des Kindes an dieser Beziehung teilhaben zu lassen.
Wie schon die früheren Filme des eingespielten Teams Haselbeck/Langjahr bezieht Geburt seine Stärke aus der ruhigen Beobachtung, er behält eine Distanz bei, die es dem Zuschauer erlaubt, vom intimen Ereignis einer Geburt gedanklich eine Brücke zu schlagen zum Nachdenken über den elementaren Kreislauf des Lebens. In früheren Filmen haben die Filmemacher beobachtet, wie Bauern, Hirten und ihre Tiere im Einklang mit den Rhythmen der Natur leben. Eigentlich logisch, dass sie nun mit derselben Ruhe und Präzision vom Werden des Menschen erzählen.