Der Hauert Gartendünger steht bereit. Daneben Säcke voll Samentütchen mit Schweizer Qualitätsgarantie, die jetzt unter den Einwohnern des malischen Wüstendorfes Araouane weitergereicht und skeptisch studiert werden. Eine Szene, ungewollt komisch, eingefangen von einem amerikanischen Fernsehteam, das 1989 die wundersame Wandlung dokumentierte, die in dieser verödeten Oase inmitten der Sahara vor sich ging. «Hier entsteht ein Garten Eden» – so könnte das ambitionierte Hilfe-zur-Selbsthilfe-Projekt des Schweizer Malers und Lebenskünstlers Ernst Aebi gelautet haben, das durch politische Unruhen 1991 ein jähes Ende fand. 20 Jahre danach kehrt er, begleitet von Martina Egis Filmcrew, zurück. Was er vorfindet ist eine verödete Oase und die Erkenntnis, eine Million Franken in den Sand gesetzt zu haben.
Regisseurin Egi, die ihre Affinität für Porträts von aussergewöhnlichen Zeitgenossen bereits als Produzentin von Dokumentationen wie O mein Papa (CH 2007) und Yehudi Menuhin – die Schweizer Jahre (CH 2006) unter Beweis gestellt hat, versucht in ihrem Kinodebüt einem eigentlich «Unfassbaren» auf die Schliche zu kommen. Den dramaturgischen Aufhänger liefert Aebis Hilfsprojekt, dem der Porträtierte selbst aber mit seinem Charme und seiner schillernden Biografie etwas den Rang abläuft. Der Film kommt ohne Kommentar aus, und so berichtet über weite (Ton-)Passagen hinweg Aebi über Aebi. Komplettiert durch Interviews mit Freunden und Familienangehörigen sowie zahlreiches Archivmaterial zeichnet die Filmautorin den Lebensweg dieses Tausendsassas und Weltenbummlers aus Zürich-Wiedikon, der in den 1970ern das New Yorker Kreativviertel Soho begründete, Lofts gewinnmaximierend umbaute und parallel dazu vor Gericht das Erziehungsrecht für seine vier Kindern erstritt. So charmant und beeindruckend Aebis Anekdoten sind, so wichtig, ja unentbehrlich sind die ergänzenden Stimmen von aussen, die mit dem Bruder, Partner oder Vater nicht eben zimperlich umgehen: Was Egi den Interviewten an Aussagen entlocken kann, ist erstaunlich und das eigentliche Salz dieses Dokumentarfilmes. Wie kleine platzende Bomben offenbaren diese intimen Einblicke bisweilen aufs Schönste den Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung und verleihen vielen von Aebis Episoden damit erst wirkliche Authentizität und Tiefe.
«Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt», lautet denn auch sein abschliessendes Fazit beim Anblick der im Sand versunkenen Ruinenlandschaft. Ein Votum, dem sich die Kritikerin anschliessen kann. Froh, die unnötig kitschig inszenierte Eingangssequenz (mit einem barfuss durch die Wüste wandernden Ernst Aebi) am Ende fast ganz vergessen zu haben.