Auf dem Mond haben die Menschen ihre Fussabdrücke bereits hinterlassen. Nun lockt der Mars. Schon in wenigen Jahrzehnten soll eine bemannte Mission den roten Planeten erkunden. Der Schweizer Regisseur Richard Dindo hat sich für den Dokumentarfilm The Marsdreamers in den USA mit Menschen unterhalten, die sofort bereit wären, sich auf diese Reise zu begeben. In Locarno feierte das Werk im Wettbewerb der Sektion «Cinéastes du Présent» seine Weltpremiere.
Wie muss man sich das Leben auf dem Mars vorstellen? Was ist Sinn und Zweck einer bemannten Mission? Und wer würde sich dafür zur Verfügung stellen? Richard Dindo, den es schon lange gereizt hat, einen Film in den USA zu drehen, hat sich bei amerikanischen Wissenschaftlern, Architekten, Studenten und Ingenieuren erkundigt, wie das Leben auf dem Mars aussehen könnte und welche Herausforderungen auf die Erforscher des fernen Planeten zukommen werden. Immer wieder betonen die Utopisten, wie gefährlich eine solche Mission sein wird. Fast alle sind aber davon überzeugt, dass diese Reise für das Überleben der Menschheit notwendig ist.
Als sich die Aussagen bereits zu wiederholen beginnen, melden sich zwei Taos-Indianer zu Wort. Sie amüsieren sich ein wenig über die Pläne der Weissen, sind aber gleichzeitig leicht irritiert, denn für sie ist klar: Weil die Menschen ruhelos sind und das Leben auf der Erde satthaben, wollen sie zu einem anderen Planeten aufbrechen. Anstatt das Leben hier zu respektieren, töten sie es. Ähnlich denkt der Schriftsteller Kim Stanley Robinson: Wenn das Überleben der Menschheit auf der bedrohten Erde nicht gesichert werden kann, dann ist eine Mars-Mission von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wenn hingegen die Absicht einer Mars-Besiedelung den Menschen die Zerbrechlichkeit der Erde und die Bedeutung ihres Ökosystems bewusst macht, dann kann sie auch einen positiven Einfluss haben.
Am Ende wird klar, dass diese Aussagen mit Dindos Botschaft übereinstimmen. Die Reise zum Mars ist zwar ein schöner Traum, aber zuerst muss auf der Erde aufgeräumt werden. Eine ähnliche Botschaft richten die Marsträumer an ihre Mitmenschen «Tragt Sorge zur Erde!» Wer sich ausgiebig mit dem Gedanken beschäftigt, die Erde vielleicht für immer zu verlassen, erkennt auch, wie kostbar der blaue Planet ist.
The Marsdreamers besticht durch seinen Inhalt. Formal ist der Film eher konventionell. Dindo und sein Kameramann Pio Corradi haben sich mit ihren HD-Kameras auf Personen und Landschaften konzentriert. Dabei haben sie auch Bilder von Landschaften eingefangen, die in ihrer Kargheit der Marsoberfläche ähnlich sind. Sobald aber ein Interview in einem geschlossenen Raum stattfindet, verlieren die Aufnahmen an Spannung. Zwischen die sprechenden Köpfe sind Aufnahmen vom Mars und Visualisierungen einer möglichen Mission montiert.