Wem sagen die Namen Marcia Griffiths oder Hopeton Lewis etwas? Hierzulande wohl den wenigsten, doch in Jamaika gehören sie zu den Stars einer goldenen Ära der reichen Musikgeschichte dieser Insel, der Zeit des Rocksteady. Und über Coverversionen sind ihre Songs gar zu Welthits avanciert, wie zum Beispiel The Tide Is High von Blondie oder Rivers Of Babylon von Boney M beweisen, die im Original von Marcia Griffiths respektive Hopeton Lewis interpretiert worden waren.
Was zeichnet denn den Rocksteady musikalisch aus? Eigentlich ist er eine verlangsamte Form des Ska und damit der Ursprung des Reggae, wie ihn Musiker wie Bob Marley dann in den Siebzigerjahren in die Welt hinausgetragen haben. Rocksteady ist eine sehr positive und seelenvolle Musik und widerspiegelt damit das optimistische Klima einer Zeit ökonomischen Wachstums in Jamaika zwischen 1966 und 1968 – in den ersten Jahren, nachdem die Insel von der britischen Krone unabhängig wurde.
Anlass zum Dokumentarfilm von Stascha Bader gibt ein Zusammentreffen der legendären Musiker des Rocksteady zu Neuaufnahmen ihrer alten Hits und einem abschliessenden Konzert. Dabei schwelgen die Musiker in Erinnerungen und lassen die Zuschauer an der Entstehungsgeschichte des Rocksteady-Sounds und ihrer Hits teilhaben. Bader ist ein erfahrener Regisseur von Musikdokumentationen und hat die Protagonisten seines Films an viele geschichtsträchtige Orte geführt, wo sie entscheidende Stationen der Rocksteady-Musik wieder aufleben lassen. Sozusagen als roter Faden fungiert Sänger Stranger Cole, der als eine Art Märchenonkel die Zuschauer auf der Insel begrüsst und in deren musikalische Schätze einführt. Dazwischen schwankt der Film zum Teil etwas konzeptlos zwischen den aktuellen Aufnahmen der Reunion und Archivaufnahmen hin und her. Damit nimmt er in Kauf, dass sich manche Erinnerungen und Statements wiederholen. Etwas irritierend ist auch der Gastauftritt von Rita Marley, die all- zu Privates aus ihrem Zusammenleben mit Bob Marley preisgibt.
Effektiv mitreissend ist dagegen die Musik, die im Kontext des aktuellen Revivals der Soulmusik der Sechzigerjahre wieder überraschend modern klingt. So hört man manchen Gassenhauer plötzlich mit neuen Ohren und erfährt dazu noch einiges über die spirituellen und historischen Wurzeln der Musik. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle auch die ungemein sympathische Ausstrahlung der Musiker, die nicht nur bei den Musikaufnahmen und auf der Konzertbühne für ihr Alter extrem vitale Performances hinlegen, sondern in den Interviews auch interessante und kluge Vergleiche zum heutigen Jamaika und seiner Musikszene anstellen.