Georges Schwizgebel ist eine feste Grösse im Schweizer Animationsfilmschaffen. Seit über 30 Jahren bereichern seine animierten Gemälde die Trickfilmlandschaft. Nach La jeune fille et les nuages (CH 2000) und Jeu (CH 2006) feierte auch Retouches seine Weltpremiere am Filmfestival Locarno. Schwizgebel bleibt darin seinem Stil der fortschreitenden Metamorphosen treu. Interpretiert er in La jeune fille et les nuages und L’homme sans ombre (CH 2004) konkrete Geschichten («Aschenputtel» und «Peter Schlemihls wundersame Geschichte»), beschäftigt er sich nun in Retouches, wie schon zuvor in Jeu, mit Abstraktionen.
Der Kurzfilm setzt sich explizit mit der künstlerischen und künstlichen Entstehung von Bewegung auseinander. Ein in den Wellen des Meeres schwimmender Stock verwandelt sich allmählich in den Scheibenwischer eines Autos. Dieses fährt mit jeder Reinigung der Scheibe eine andere Allee hinunter. Dann greift die Hand des Zeichners selbst ein, jagt Striche eine Rolltreppe hinauf – bis aus den Strichen schliesslich eine Person entsteht. Die eilende Person wird zu einem Hürdenläufer, der durch seine Bewegungen zu einem Vogel wird – ein Motiv, das Schwizgebel auch schon in seinem Erstling Le vol d’Icare (CH 1974) verwendete. Dann wechseln sich am Strand Tennis und Volleyball im Spiel ab. In der schwindelerregenden Drehung der Spielfläche entstehen neue Figuren, bis das Netz in der Mitte zum Besen wird, der nicht nur die Blätter von Bäumen wegwischt, sondern auch das aus dem Spielfeld entstandene Zeichenpapier. Anschliessend entschwindet das visuelle Gedicht wieder in Abstraktion und beruhigt sich am Ende mit dem Blick auf eine schlafende, ruhig atmende Frau.
In Retouches spielt Schwizgebel mit Formen, assoziert frei mit den vorhergehenden Strukturen und auch der dazu ertönenden Musik. Auf der Tonebene interagieren die verträumten Kompositionen von Normand Roger mit den Bildern: Bald treiben sie die Zeichnungen an, bald nehmen sie den Takt der Bewegungen auf. Dazwischen mischen sich das Rauschen des Meeres oder Vogelgezwitscher, Geräusche eines Besens oder Scheibenwischers.
Die treibende Kraft hinter den Verwandlungen sind assoziative Verbindungen, etwa vom gleichmässigen Hin und Her eines Balles zu den flatternden Blättern. Die markanten Striche von Schwizgebel bewegen sich dabei verspielt im Raum und beflügeln die Fantasie. Durch das Aufgreifen zahlreicher Motive aus seinen früheren Arbeiten fügt sich Retouches zudem nahtlos in das Werk von Schwizgebel.