Ein filmisches Stadterlebnis der besonderen Art: Premierenwochenende von Rocky II in New York, Mitte Juni 1979. Eines meiner letzten Wochenenden als Austauschstudent in den USA. Wir stehen Schlange, mindestens 2 Blocks. Haschisch-Dealer gehen auf und ab, bieten Joints an. Später, im gigantischen Kino, spielt sich für mich Unvorstellbares ab. Nachdem das Publikum eben noch laut geschluchzt hat am Bett von Rocky’s Frau, die im Koma liegt, reisst es die entfesselte Menge während des Boxkampfes auf der Leinwand von den Sitzen. Eine Stimmung wie im Madison Square Garden: Die Fans johlen, schreien, steigen auf die Kinostühle, ballen die Fäuste und schreien «Go, Rocky, go!» durch den dicken Marihuana-Nebel. Ich bin begeistert, verwirrt, verängstigt. Die Nachbarn liegen sich in der Armen, schluchzen erneut, als Rocky gewinnt.
Ein Jahr später bin ich längst wieder zurück in der Schweiz, kurz vor der Matur. Im Kino Plaza in Zürich läuft Rocky II. Ich gehe hin, verliere mich unter einem, zwei Dutzend Zuschauern, bin irritiert: es ist mucksmäuschenstill, während der ganzen Vorführung. Ich bin wieder zu Hause ...