Marina und ihr Entführer Ricky gönnen sich einen Waffenstillstand. Ungefesselt darf sie sich zu ihm an den gedeckten Tisch setzen. Im Fernseher flimmert eine Werbung für Altersvorsorge, der pastellfarbene Kamin passt zu den pastellfarbenen Sesseln. Ein Innehalten in häuslicher Symmetrie. Marina wirft einen Blick auf ihren Peiniger: «Wie sehen deine Zukunftspläne aus?», fragt sie. «Wir heiraten, haben zwei oder drei Kinder», antwortet er. Sie starrt ihn an, seine Bestimmtheit lässt sie erschaudern, ihre Augen leuchten – noch wehrt sie sich gegen die Leidenschaft, die in diesem ruhigen Moment zu lodern beginnt. Sie wird sich Minuten später entladen, wenn sich endlich die beiden Körper aufeinander werfen und in Ekstase verschmelzen. Doch noch geniessen wir die Ruhe vor dem Sturm und ergötzen uns an diesem stilisierten Moment des Aufschubs, fühlen das Knistern, das atemlose Warten auf die Eruption. Ein Hitzeflimmern liegt in der Luft, das leise Brodeln unterdrückter Begierde. Marinas Leib zittert, schnell stopft sie sich ein Stück Fleisch in den Mund. Es ist nur die Vorspeise.
MOMENTAUFNAHME