Böse Zungen behaupten, Georges Schwizgebel realisiere seit Jahren immer wieder den gleichen Film. Vergleicht man die Schwizgebel-Produktionen der letzen Jahre, ist eine gewisse Linearität durchaus nicht von der Hand zu weisen. Nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – zählt Schwizgebel zu den bedeutendsten Animationsfilmemachern der Schweiz. In seiner Beständigkeit liegt auch sein Können: Schwizgebels Spezialität ist die virtuose Verknüpfung von Farb- und Formspielen – gezeichnet, gemalt und animiert –, unterlegt mit klassischer Musik.
In L’homme sans ombre (2004) tauschte Peter Schlehmil zu Musik von Judith Gruber-Stitzer seine Seele gegen Reichtum und brachte Schwizgebel weltweit Anerkennung. In seinem neusten Werk, das im August 2006 auf der Piazza Grande anlässlich des Filmfestivals Locarno uraufgeführt wurde, gehen Ball und Klavierspiel einen Pakt ein. Im Vorspann werden zunächst nur Zahlen und Buchstaben in Reih und Glied gestellt, während auf der Tonspur das Stimmen der Instrumente zu hören ist, begleitet vom Räuspern und Raunen des Publikums. Mit der Musik von Prokofjew geraten die Buchstaben J, E und U («Jeu») schliesslich in Bewegung, verschmelzen mit der Musik und offenbaren immer wieder neue visuelle Interpretationen des Klavierspiels. Die Leinwand verwandelt sich in eine Wiese, auf der Ball gespielt wird. Später wird ein Konzertsaal zum Schauplatz des Farbenspiels. Mit Leichtigkeit spannt Schwizgebel einen Bogen vom Ballspiel zum Klavierspiel des Prokofjew-Konzerts und beendet den furiosen Reigen sinnigerweise wieder mit drei Buchstaben: F, I, N.
Angesichts solcher Virtuosität und Liebe zum Detail erstaunt es nicht, dass auch Jeu, wie bereits sein Vorgängerfilm, der unter anderem in Zagreb, Genf und Cannes prämiert wurde, mehrere Preise erhielt: etwa den Preis für den Besten Animationsfilm der Kategorie Experimental/Abstract Animation 2006 in Ottawa, den Spezialpreis der Internationalen Jury in Hiroshima sowie die Silberne Taube im Bereich Animation in Leipzig. (ld)