PHILIPP BRUNNER

VENDREDI SOIR (CLAIRE DENIS, F 2002)

MOMENTAUFNAHME

Heteros können Männer nicht erotisch inszenieren, da brauchts schon Patrice Chéreau oder dann Claire Denis, die versteht etwas davon, wenn sie Vincent Lindon zu Valérie Lemercier ins Auto steigen lässt und er sich vor Hitze in den offenen Hemdkragen fasst, was Agnès Godard filmt, als ob man einen Hauch seines Schweisses riechen könnte, und ich ertappe mich mit weiten Nasenflügeln und Ohren, die hören wollen, wie sein Brusthaar knistert, wenn er sich kratzt, mit Augen, denen nichts mehr entgehen darf und Wangen, die die Stoppeln eines Mannes begehren, der von der Hektik schwuler Szenekerle nichts weiss, zum Glück, denn es ist dieses Gelassene, nebenher Abwartende, das mich aufreizt, und ich verstehe jetzt, dass Armistead Maupin recht hat, wenn er sagt, «there was something supremely sexy about a man who planned ahead like this, who wore his options like a tool belt, ready for any emergency». Der Rest des Films? Man liebt sich im Hotel, isst, trinkt, liebt sich wieder. Weiter nichts, gerade genug.

Philipp Brunner
Dr. phil., geb. 1971. Filmpublizist und Dozent für Filmwissenschaft an der Universität Zürich. Autor von Konventionen eines Sternmoments. Die Liebeserklärung im Spielfilm (Marburg 2009), von Texten zum Queer Cinema und zum iranischen Kino sowie zu Marlene Dietrich, Romy Schneider und Tilda Swinton. Seit 2005 Mitglied der CINEMA-Redaktion.
(Stand: 2010)
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