Die alte Feindschaft zwischen Fernsehen und Kino scheint sich in Minne aufzulösen. Nicht nur, dass Fernsehproduktionen immer öfter den Weg an die Schweizer Filmfestivals finden, mit Sternenberg war auch das erste TV-Movie auf grosser Leinwand zu sehen: Der Schweizer Ableger des US-Grossverleihs Buena Vista lancierte den Film. Dabei kann man sich natürlich fragen, ob an Fernsehfilme nicht andere Ansprüche gestellt werden sollten als an Kinoproduktionen. Für die Flimmerkiste ist die sympathische, etwas behäbige Komödie Sternenberg auf jeden Fall wie geschaffen, für die Grossleinwand wünschte man sich jedoch ein wenig mehr filmischen Wagemut. Das Publikum schätzte den mit Stars gespickten Schweizer Heimatfilm auch im Kinosaal.
Volksschauspieler Mathias Gnädinger spielt in Sternenberg den ältesten Primarschüler der Schweiz. Die Schule des kleinen Dorfes Sternenberg soll wegen Schülermangels geschlossen werden; die Politiker riechen Sparpotenzial. Als sich die rührige Dorfgemeinschaft nicht mehr zu helfen weiss, stellt sich Weltenbummler Franz, der nach 30 Jahren wegen einer Erbschaft in sein Heimatdorf zurückgekehrt ist, als neuer Schüler zur Verfügung. Franz hat allerdings Hintergedanken: Er sucht die Nähe zur Lehrerin Eva (Sara Capretti), die durch die Schliessung der Schule ihre Stelle verlieren würde. Eva ist seine uneheliche Tochter. Davon ahnt sie allerdings nichts. Als die Politiker den Lausbubenstreich des pensionierten Schülers auszuhebeln drohen, schalten Franz und die Kinder flugs die Medien ein. Auch Evas Liebesleben kommt derweilen in Schwung: Sie kann sich endlich von ihrem Liebhaber, dem anpasserischen – und verheirateten – Schulinspektor Freudiger, lösen und verliebt sich in den tamilischen Kinderarzt Babu Sivaganeshan.
Christoph Schaub hat seine gemütliche Komödie, die auf einem Drehbuch von Micha Lewinsky beruht, an Originalschauplätzen im Zürcher Oberland gedreht. Die Postautofahrten über die grünen Hügelzüge machen denn auch viel vom Charme des Films aus. Die Chemie im Vater-Tochter-Konflikt zwischen Gnädinger und Capretti stimmt. Auch die Nebenrollen sind mit viel Schweizer Film und anderer Prominenz besetzt: Walo Lüönd gibt den gutmütigen Gemeindepräsidenten, Mona Vetsch eine verschrobene Journalistin, Hanspeter Müller den schmierigen Politiker, Stefanie Glaser und der kürzlich verstorbene Ettore Cella geben ein altes Ehepaar, das für einige Lacher sorgt. Gerade der Kurzauftritt von beiden Letzteren ist auch eine sympathische Verbeugung vor dem alten Schweizer Film, dessen Tradition Schaub mit Sternenberg im 21. Jahrhundert wieder aufleben lässt. Mit dem von Stephen Sikder verkörperten tamilischen Kinderarzt kommt aber auch ein exotisches Element hinein, das im nicht gerade urschweizerisch zu nennenden Soundtrack von Balz Bachmann und Peter Bräker reflektiert wird und politische Korrektheit garantiert. Denn schließlich gibt es für den Bevölkerungsschwund in Sternenberg eine ganz einfache Lösung: Ausländer rein!