«Die schönste Revolution des 20. Jahrhunderts» ist laut der Berner Regisseurin Gabriele Schärer das Thema von Sottosopra: die Geschichte der Frauenbewegung während der letzten hundert Jahre. Gabriele Schärer ist es wichtig, diese «Revolution» in optimistischer Sicht als friedlich, lustvoll und farbig zu zeichnen. Sie porträtiert vier Frauen, die sich alle auf sehr unterschiedliche Weise mit dem Patriarchat und den weiblichen Strategien, damit umzugehen, auseinander setzen: die Theologin Marga Bührig, 1915 geboren, gründete 1945 ein reformiertes Studentinnenhaus und setzte sich mit ihrer Lebensgefährtin für Frauenarbeit ein; die 1952 geborene Krankenschwester Heidi Ensner baute ein Frauengesundheitszentrum und eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis auf und lebt mit einer ebenfalls allein erziehenden Freundin und ihren Kindern in einer WG; die italienische Philosophieprofessorin Luisa Muraro ist Mitbegründerin der «Libreria delle donne» in Milano und von Diotima, einer feministischen Philosophinnengruppe, und schliesslich Christiane Brunner, National- und Ständerätin und bis 2001 Präsidentin der Gewerkschaft Smuv.
Die porträtierten Frauen haben weitläufige Lebensläufe und -erfahrung und viele faszinierende Geschichten zu erzählen. Diese bewegenden und spannenden Erinnerungen machen klar, dass das so genannte Patriarchat im Grunde genommen keine klar definierbare Instanz, sondern vielmehr eine Frage der Einstellung, der persönlichen Sichtweise ist. Dementsprechend handelt es sich nicht um eine «Revolution» im herkömmlichen Sinn, sondern eher um verschiedene Versuche, das eigene Leben so zu gestalten, dass die individuellen Wünsche, Ziele und Beziehungen im Alltag Platz finden und lebbar werden.
Diese Diversität und Offenheit, die in den Interviews aufblitzt, scheint nun aber im Gefüge des Films nicht so recht zum Zuge zu kommen. Begriffe wie «Ordnung», «Patriarchat», «Ende des Patriarchats» oder «Feminismus» fallen oft, die Differenzen zwischen den individuellen Sinngebungen dieser Begriffe werden aber nie reflektiert. So wird schliesslich nicht ganz klar, ob die Regisseurin den Vergleich bewusst offen lässt - dafür werden die Differenzen aber zu wenig betont -, oder ob sie nicht eher daran interessiert ist, die Porträtierten zu Mitstreiterinnen einer gemeinsamen Sache zu stilisieren - dafür sind die Engagements und Sichtweisen der Frauen jedoch zu weit gestreut, als dass dieses Vorhaben funktionieren würde. So wird aus einem eigentlich interessanten Projekt, dessen Grundanliegen keineswegs überholt ist, ein ungewollt meinungslos wirkender Dokumentarfilm: Seine Aussage ist zu diffus, als dass sein Engagement genau fassbar würde und nachhaltig wirken könnte.