ANDREA REITER

LA MORT EN EXIL (AYTEN MUTLU SARAY)

SELECTION CINEMA

Die Thematik des Films ist höchst brisant: Reflektiert werden die Zustände der Ausschaf­fung von in der Schweiz nicht geduldeten Ausländern. Ayten Mutlu Saray hat einen be­sonders schwer wiegenden Einzelfall heraus­gegriffen und ihn fiktionalisiert. La mort en exil beruht auf den wahren Begebenheiten, die sich im März 1999 in der Schweiz ereigneten und mit dem tragischen Tod des von der Abschie­bung betroffenen Asylbewerbers Khaled Abuzarifa endeten.

In unprätentiösen Bildern zeichnet die Re­gisseurin, die La mort en exil an der Ecole Supérieure d’Art Visuel in Genf produzierte, den unaufhaltsamen Weg des Protagonisten von der Ausschaffungszelle bis zu seinem Tod nach. Sein persönliches Schicksal bleibt dabei im Hintergrund. Ohne Erklärung bleibt auch die Ablehnung des Asylantrags. Khalils Bewacher werden als Menschen dargestellt, die teilnahms­los ihren Dienst nach Vorschrift erledigen. In pedantischer Pflichterfüllung kümmern sich die Wärter und Beamten um den Gefangenen.

La mort en exil erzählt die Geschichte von Khalil, einem Palästinenser, der für einige Zeit in Algerien Asyl gefunden hatte und auf eine Aufnahme in der Schweiz hoffte. In seiner Aus­schaffungszelle lässt er die Befragung Revue passieren, bei der seine Lebensstationen durch die Registrierung zu anonymen Daten wurden. Diese Bilder vermischen sich mit Erinnerungs­sequenzen an vertraute Gesichter und ferne Landschaften. Sie strömen über ihn herein, bis sie zu Realität werden und in dieser Form bedrohlich wirken. Khalil ist in Abschiebehaft und versucht, sich der Ausweisung zu wider­setzen. Der Gefangene wird gefesselt und ge­knebelt, um jegliche Gegenwehr auszuschlies­sen. Die Reise ins Ungewisse kann beginnen. Doch führt eine «unglückliche» Verknüpfung von Ereignissen zum überraschenden Tod Khalils. Genaue Erklärungen dafür werden im Film angedeutet, jedoch keineswegs verurtei­lend in den Vordergrund geschoben. Die Ge­schichte hinter den Bildern soll die Betrachter aufrütteln.

Sarays Film wurde in Cannes im Rahmen von «Cinéfondation», der Kategorie von Ab­schlussfilmen aus Filmschulen, gezeigt. La mort en exil ist ein politischer Protestfilm, der eindringlich auf die verborgenen Abläufe von Ausweisungen hinweist, die in allen europäi­schen Ländern zur Tagesordnung gehören. Der Tod des Asylbewerbers Khaled Abuzarifa ist kein Einzelfall.

Andrea Reiter
geb. 1973, Studium der Germanistik, Filmwissenschaft und Philosophie.
(Stand: 2018)
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