Ahmed ist Torhüter und spielte vor einiger Zeit im Quartierclub der Vorstadt von Marseille. Ein Flirt mit der Frau des Clubpräsidenten zwang ihn damals dazu, die Gegend fluchtartig zu verlassen. Fünfzehn Jahre später, als er sich unter einem neuen Namen - nun nennt er sich Georges - als Tankwart durchschlägt, lernt er Abdou kennen, einen zehnjährigen Jungen, der um jeden Preis das Halbfinalspiel der Fussballweltmeisterschaft zwischen Holland und Brasilien sehen will. Abdous Insistieren wirkt auf Georges offenbar elektrisierend, denn dieser schmeisst seinen Job und begibt sich mit dem Kind auf die Reise. Im Lauf ihrer Irrfahrt durch Südfrankreich treffen sie auf Oleg, einen exzentrischen Russen, der in seinem Minivan kitschige Plastikwaren verkauft, auf die grossherzige Louisa (Emma de Caunes), die mit Schosshunden handelt, und auf zwei Zigeuner, die den beiden bei einer drohenden Kneipenprügelei aus der Klemme helfen.
Mit Clandestins (1997) und dessen strenger Dramaturgie hat Mondialito, Wadimoffs zweiter Langspielfilm, wenig gemeinsam. Während jener im Studio gedreht wurde und auf einem präzisen Drehbuch basierte, baut dieser auf die Dynamik des Kontexts und die Drehatmosphäre. Die Hitze, das Licht und der Staub der mediterranen Drehorte, die teils improvisierten Szenen und der Verweis auf das (mit der Zeit allerdings langsam verblassende) ausserfilmische Event der Fussball-WM tragen mehr als der melodramatische Plot zum Profil des Films bei. Zumal sich der Verlauf der Geschichte als ebenso vorhersehbar erweist wie ihr Ziel: Dass die Reise zur Identitätsfindung und schliesslich zur Familiengründung führen soll, versteht sich auch ohne Louisas rhetorische Perlen. «Tu te masturbes l’identité», wirft sie Georges vor, als sie entdeckt, dass er eigentlich Ahmed heisst.
Erstaunlicher ist, dass selbst der exzessive Erzählstil der emotionalen Effizienz des Films nichts anhaben kann. In der Beschreibung der Figuren und der Ereignisse, die ihnen widerfahren, arbeitet Mondialito stets hart an der Grenze zu jenen Klischees, die üblicherweise mit dem Südosten Frankreichs in Verbindung gebracht werden - die Männer gestikulieren beim Sprechen, viele Provenzalen sind Rassisten, die Zigeuner reagieren unvorhersehbar. Der streckenweise pittoreske Expressionismus, der genealogisch wohl auf die Ästhetik der französischen Achtzigerjahre und die Filme von Jean-Jacques Beineix und Luc Besson zurückzuführen ist, kontrastiert mit der Ruhe von Abdous Charakter und der einfühlsamen Beziehung, die zwischen ihm und Ahmed entsteht. Das seltsame Gespann, das die beiden bilden, mündet im Lauf des Films in eine glaubwürdige Vater-Sohn-Beziehung, die sich als umso sympathischer erweist, als sie - im Zusammenprallen von Schauspiel und Improvisation, von Amateurgeist und Professionalismus - auch den nicht sehr innovativen, aber durchaus wirksamen formalen Charme des Films spiegelt.