Georges Schwizgebcl ist einer der kontinuierlichsten Animationsfilmschaffenden in der Schweiz. Seit seinem Vol d'Icare aus dem Jahre 1974 hat er ein rundes Dutzend Geschichten in bewegten Bildern erzählt. Obwohl er vereinzelt auch andere Techniken anwandte, hat sich das Malen mit Acryl- und Pastellfarben nunmehr zu seinem Markenzeichen entwickelt. Seine Storys entstehen in engstem Dialog mit der sie begleitenden Musik: Diese rhythmisiert die Szenenfolge, setzt die Akzente und tritt gleichberechtigt mit dem Bild auf.
Das lässt sich auch an seinem neusten Werk La jeune fille et les nuages verifizieren: Die Fugue von Felix Mendelssohn - auf dem Klavier virtuos gespielt von Schwizgebels 14-jährigem Sohn Louis und pfiffig ergänzt durch die «Événements sonores» von Pete Ehrnrooth - verknüpft sich eng mit dem vorüberziehenden Bilderreigen. Der Film erzählt eine moderne Variation des Aschenputtels. Der Autor bezieht sich dabei nur mehr elliptisch auf das wohlbekannte Märchen und fügt einzelne Episoden daraus andeutungsweise hintereinander: eine junge Frau auf der Parkbank, umschwirrt von einem Schwarm weisser Tauben; zwei Teenager, die sich schön machen; ein Mädchen, das den Boden schrubbt und Erbsen aus der Asche liest. Es folgen der Ball, der verlorene Schuh und das Anprobicren - schliesslich die Schlusseinstellung, in der die Heldin mit ihrem «Prinzen» via Flugzeug in die Wolken entschwindet.
Wenn Schwizgebel in seinem vorangehenden Schaffen zwischen einer narrativen (etwa L'année du daim, 1997) und einer metamorphotischen Struktur (etwa Fugue, 1998) alternierte, fügt er diese hier zu einem komplexen Ganzen: Das modernisierte Aschenputtel dient lediglich als roter Faden für immer wieder verblüffende Transformationen und verspielte Bildwandlungen. Der verregnete Himmel etwa geht in eine Pfütze auf dem nassen Fliesenboden über, die Gesichter im Spiegel mutieren zu einem von Wolken durchzogenen Horizont. Die gewitterhaften Lichtblitze im Dunkel entpuppen sich als Umrisse eines Dirigenten, und die wallenden Ballroben der Debütantinnen werden zu amorphen Wattebäuschen und zu Schäfchenwolken am Firmament. Damit ist immer auch ein fliessender Wechsel des Blickwinkels verbunden - aus Klein wird Gross, aus Gross wird Klein -, der die Inszenierung kinematografischer Kadragen zum inhärenten Teil der Geschichte macht. Dies zeigt sich auch, wenn sich die Einstellung zum Bild im Bild verkleinert, wenn sich Wolkenstrcifen vordergründig über das Geschehen schieben und schliesslich der Bildausschnitt als Blick aus dem Zugfenstcr wieder in die Erzählung integriert wird. Ein meisterhaftes Spiel mit den Möglichkeiten filmischer Animation.