Sulang-Sulang ist ein festlicher Brauch der Batak, eines altmalaiischen Volksstammes im Norden der Insel Sumatra. Der Zeitpunkt für das Sulang-Sulang wird durch das Orakel bestimmt und eröffnet eine Reihe von Zeremonien zur Verabschiedung eines alten Menschen. Gestaltet werden die Feierlichkeiten durch die Nachkommen. Verwandte und Freunde werden geladen; es gibt ein Festessen, man feiert, singt und tanzt zusammen. Erinnerungen werden ausgetauscht - Versöhnliches und Klärendes soll zu Wort kommen. Für westlich Sozialisierte ein bestaunenswerter, ungewöhnlicher Brauch, wird dem Tod doch bereits im Leben jedes Menschen ein prominenter Platz eingeräumt.
Aufhänger des ethnografischen Dokumentarfilms ist die persönliche Geschichte des in der Schweiz lebenden Indonesiers Kuridin Manurung, der in seine Heimat zurückreist, um für seinen Vater das Sulang-Sulang auszurichten. Zusammen mit seiner Schweizer Frau und seinen Kindern wird erauf seiner Reise und während der ereignisreichen Tage auf Sumatra von der Filmemacherin Kathrin Oester begleitet. Kuridins Familiengeschichte wird aufgerollt; zugleich bietet der Film einen Einblick in das Leben des Batak-Volkes und dessen Totenkult. Durch Manurungs Bezug zur Schweiz werden ansatzweise kulturelle Differenzen thematisiert - nicht nur im Umgang mit dem Tod, sondern auch was das Leben in anderen Kulturen und gegenseitige Verstehensprozesse im Privaten betrifft.
Im Stil des Cinema Vérité folgt der Film dem Prinzip des nicht intervenierenden Beobachtens. Unkommentiertes Bildmaterial, mit Handkamera gedreht, Interviewsequenzen und Monologe markieren den Ablauf der Ereignisse. Mit Zwischenblenden werden Orte benannt, Abläufe erläutert, wird Kommendes eingeleitet und räumlich-zeitliche Kontinuität geschaffen. Dieses Verfahren führt jedoch dazu, dass viele interessante Themen nur angeschnitten werden und Hintergründe, gerade auch zur Kultur der Batak, verborgen bleiben; andere Sequenzen wiederum sind zu ausführlich geraten oder bleiben wenig informativ.
Es fehlt dem Film ein Rahmen, der über die Linearität der Ereignisse hinausweisen würde und der ethnografischen Studie eine Mehrdimensionalität verliehe. Sulang-Sulang schwankt zwischen persönlicher Begleitung und ethnologischer Studie, ohne sich jedoch einem der beiden Blickwinkel zu verpflichten.
Kurze Baudrillard-Zitate über den Tod und den Umgang damit in der westlichen Welt tauchen als Schrifteinblcndungen in den letzten Filmsequenzen auf. Sie sollen als philosophische Komponente den Film abrunden, bleiben - aus dem Zusammenhang gerissen - jedoch in dieser Form ohne Mehrwert.