Einer herkömmlichen Rezeption scheint sich Anne-Marie Miévilles vierter abendfüllender Spielfilm zunächst mehr als seine Vorgänger zu verschliessen. Die anspruchsvollen, teils hermetischen Dialoge sind oft manieriert und theatralisch vorgetragen, die Figuren scheinen weder dramaturgischen noch psychologischen Impulsen zu gehorchen. Andererseits gründet der Film auf einer klaren Struktur, die dem Werk eine präzise Stossrichtung verleiht: Apres la réconciliation beginnt mit einem Vorspann, der in seiner prismatischen Form zum Ausdruck der Empfindsamkeit der Filmemacherin wird, und endet mit einer Szene, welche die vier Protagonisten im Zuschauerraum eines Theaters zeigt. Der dazwischenliegende Hauptteil kreist allerdings weniger um Fragen der Darstellung und der Inszenierung - wie dies die Nähe der Bühne suggerieren könnte - als um jene des sprachlichen Ausdrucks: «Comment peut-on parler de la parole?», fragt sich Anne-Marie Miéville, bevor sie die sozialen Modalitäten und Konsequenzen der Sprache einige Szenen später, in Gesellschaft von einer Frau und zwei Männern, testet.
Zuerst ist Miévilles Stimme jedoch selbstreflexiv. Im Off gesprochen, unterlegen ihre Sätze die einführende Sequenz, die - auf Video gefilmt - die Enkel der Filmemacherin sowie Bilder ihres unmittelbaren Alltags zeigt: Türen, Tische und Fenster, aber auch Auszüge aus ihrem Film Lou n'a pas dit non und Einstellungen, die gewisse Szenen von Après la réconciliation trailerartig vorausnehmen. Sie werden später, in ihrem eigentlichen Kontext, nochmals auftauchen. Diese Assemblage von Blicken - die Bilder tasten die Wirklichkeit mehr ab, als dass sie sie restituierten - erfasst intime und familiäre Momente, persönliche Fragen sowie auch berufliche Erinnerungen. ln ihrer kristallinen Form, in der sich Vergangenheit und Zukunft brechen, zeichnet sich die Subjektivität der Regisseurin ab: Die von Anne-Marie Miéville gespielte Figur hat zwar keinen Namen, wir wissen aber dennoch, wer spricht.
Die darauffolgenden Diskussionen zwischen den vier Hauptdarstellern scheinen sich ganz der Illustration der «Macht der Sprache» verschrieben zu haben. Die Worte zirkulieren (frei, manchmal aber auch zähflüssig wie der metaphorisch herbeigezogene Pariser Stossverkehr), führen zu Streit und Versöhnung, zu Freundschaft, Trennung und Wiederbegegnung. Jenseits der Dialoge, deren Exaltiertheit, Humor und Präzision an Musils Schwärmer erinnern, zeichnet sich zudem eine zweite Dynamik ab: jene, die von der Introspektion über die Auseinandersetzung mit der Aussenwelt zum künstlerischen Ausdruck führt. «Il faut préserver le secret et sa source», sagt Miéville gleich zweimal zu ihren Gesprächspartnern, und lässt hiermit offen, auf welche innere Regung sich ihre filmische Praxis bezieht.